Woran sich zeigt, wer einen guten Draht zueinander hat

Eine Viertelsekunde dauert die Gesprächspause, die entsteht, wenn einer mit dem Reden aufhört und der andere zu reden beginnt. Geht es noch schneller, ist das ein gutes Zeichen.

Wenn wir mit jemandem auf derselben Wellenlänge liegen, läuft das Gespräch wie von selbst. Und das kommt uns nicht nur so vor, wie eine Versuchsreihe am Dartmouth College in New Hampshire zeigt. Der gute Draht offenbart sich wörtlich in Sekundenbruchteilen – der kurzen Pause zwischen zwei Gesprächsbeiträgen. »Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Menschen sich umso mehr verbunden fühlen, je schneller sie aufeinander antworten«, berichtet die Psychologin Emma Templeton in einer Pressemitteilung der Universität.

Zunächst lud das Team 66 Fremde zu Gesprächen über ein beliebiges Thema ein: Frauen sollten sich zehn Minuten lang mit einer anderen Frau unterhalten, Männer mit einem anderen Mann. Danach schauten sich alle Beteiligten allein ihre Gespräche auf Video an und notierten, wann sie sich dabei wie gefühlt hatten. In einer zweiten Versuchsrunde unterhielten sie sich mit einem engen Freund oder einer engen Freundin. Ergebnis in beiden Fällen: Je kürzer die Pausen zwischen den Redebeiträgen ausfielen, desto mehr hatten sie das Gefühl, eine Verbindung zu ihrem Gegenüber zu haben. Auch innerhalb eines Gesprächs gab es Phasen, wo es besser oder schlechter lief.

Das ist sogar für außen Stehende hörbar. Das Team um Templeton manipulierte die Audioaufnahmen im Gespräch zwischen Fremden so, dass sie einander entweder deutlich schneller oder langsamer antworteten. Alle anderen Merkmale blieben unverändert. Bei den verkürzten Pausen schlossen die Versuchspersonen auf einen guten Draht, bei verlängerten Pausen auf einen weniger guten Draht zwischen den Beteiligten.

Der Moment im Gespräch, in dem es klick macht

Das Gefühl, auf einer Wellenlänge zu sein, hing weniger damit zusammen, wie schnell die Person selbst antwortete, sondern damit, wie schnell sie eine Antwort bekam. Die kleinen Pausen dauern in der Regel ungefähr eine Viertelsekunde, erklärt Koautorin Thalia Wheatley, die seit vielen Jahren die Psychologie von zwischenmenschlichen Beziehungen erforscht. »Wenn Menschen das Gefühl haben, sie könnten einander die Sätze zu Ende sprechen, dann schließen sie diese 250-Millisekunden-Lücke, und das ist der Moment, in dem es zwischen ihnen klick macht.«

Wie Templeton und Wheatley in der »Washington Post« schreiben, schienen manche Menschen eine besondere Begabung dafür zu haben, ihr Gegenüber zu verstehen: Sie antworteten grundsätzlich eher schneller. Das sei nicht bewusst steuerbar, denn um prompt und adäquat zu antworten, müsse man das Gegenüber wirklich verstehen. Mal stelle sich der Gesprächsfluss wie von selbst ein, mal brauche es dazu aktives Zuhören und Kennenlernen. Weil Prozesse in dieser kurzen Zeit bewusst kaum zu beschleunigen sind, handle es sich um ein schwer verfälschbares, »ehrliches Signal« – einen guten Draht könne man nicht erzwingen.

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