»Paula ist ein Flittchen«: Ein solcher verbaler Angriff zieht sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Daran ändert sich auch nichts, wenn er oft wiederholt wird.
Eine Beleidigung treibt den Puls in die Höhe. Aber was, wenn man immer wieder beleidigt wird: Gewöhnt man sich daran? Nein, sagt die Neurowissenschaftlerin Marijn Struiksma von der Universität Utrecht. Sie und ihr Team verglichen in einem Experiment körperliche Reaktionen auf negative Äußerungen mit Reaktionen auf positive oder neutrale Aussagen.
Wie sie in den »Frontiers in Communication« berichten, verfolgten sie dazu die Hirnaktivität und die Hautleitfähigkeit von rund 80 Probandinnen, während diese wiederholt Beleidigungen, Komplimente oder neutrale Sätze lasen, zum Beispiel »Paula ist ein Flittchen«, »Paula ist ein Schatz« oder »Paula ist eine Studentin«. Die Sätze stammten vermeintlich von verschiedenen Männern, und beim genannten Namen handelte es sich mal um eine fremde Person, mal um die Versuchsperson selbst.
Die Probandinnen reagierten deutlich auf die verbalen Angriffe – auch dann, wenn sie sich gegen Fremde richteten. Bei allen drei Aussagen beobachteten die Forschenden zunächst eine charakteristische Hirnwelle, genannt »P200«. Dieses elektrische Signalmuster ist ein Zeichen für erhöhte Aufmerksamkeit. Anders als bei Komplimenten oder neutralen Aussagen trat das Signal aber auch bei wiederholten Beleidigungen immer wieder auf, unabhängig davon, ob die Person selbst beschimpft wurde oder eine andere. »Ein Hinweis auf eine sehr schnelle und stabile Aufmerksamkeitsreaktion«, erklären die Autorinnen und Autoren. Die Aufmerksamkeit unterliege einem »Negativitäts-Bias«: Sie richtet sich automatisch stärker auf negative als auf positive Signale.
Beleidigungen signalisieren einen Konflikt
Außerdem stieg verzögert auch die Hautleitfähigkeit, unabhängig davon, ob der eigene Name fiel oder der einer fremden Person. Dieser Effekt, ein Zeichen für emotionale Erregung, nahm allerdings bei wiederholten Beleidigungen ab und war dann nicht mehr stärker als bei Komplimenten. Die verminderte emotionale Reaktion könnte auch auf die Laborsituation zurückzuführen sein, erklären die Forschenden. Ein Feldexperiment sei aber ethisch nicht vertretbar.
Doch selbst unter den standardisierten Laborbedingungen wirkten die Beleidigungen wie »Mini-Schläge ins Gesicht«, so formuliert es Marijn Struiksma in einer Pressemitteilung. Die verbalen Attacken signalisierten, dass es einen sozialen Konflikt gebe. Und das werde als bedrohlich empfunden: »Menschen sind äußerst soziale Wesen, die Wert darauf legen, ihre Beziehungen aufrechtzuerhalten.«