Wie verzeihen können – Inneren Frieden finden (2)

Viele fragen sich, wie verzeihen möglich ist.

Auf deinem Weg zu innerem Frieden hilft es, mit der Vergangenheit abzuschließen. Dadurch kannst du deine Energien auf die Zukunft richten und bleibst gedanklich und emotional nicht mehr in vergangenen Traumata verhaftet. Neben vielen weiteren Schritten, die dir helfen, inneren Frieden zu finden, sollte der emotional oft als irrational empfundene Aspekt der Vergebung betrachtet werden. Warum sollte man jemandem vergeben, der für das persönliche Leid verantwortlich ist? Wie verzeihen möglich wird – ohne dass man sich zwangsläufig mit dem Verursacher des Leids aussöhnen muss –, möchten wir in diesem Artikel ausführen.

Warum du dir zuliebe vergeben solltest

Vergebung ist eine Variante, um auf vergangene emotional belastende Ereignisse aus der Kindheit oder aus Ex-Partnerschaften sowie zugeführte seelische Verletzungen zu reagieren. Der Wille zur Vergebung kommt vor allem anderen dir selbst zugute. Vergebung ist ein Prozess, der mit dem Entschluss, zu vergeben, startet. Durch das Verzeihen können kehrst du dich von destruktiven Gedanken und negativen Emotionen ab. Wut, Rachegefühle, Groll, Hilflosigkeit, Trauer und Scham lässt du ziehen. Viel lieber möchtest du dich einer wohlwollenden, auf die Zukunft ausgerichteten inneren Haltung öffnen. Dank der Vergebung nimmt man die eigene Vergangenheit an, söhnt sich mit dem Leben aus.

Nicht zu viel denken

Bei vielen chronisch Traumatisierten kommt es zu einer Hypermentalisierung. Das bedeutet, sie denken ständig und viel nach, über sich selbst, das Leben, die eigenen Gefühle sowie aber auch über ihre Mitmenschen. Insbesondere bei Verunsicherung oder nach einem Streit loten sie alle möglichen Perspektiven aus, spekulieren, sind »in den Köpfen ihrer Mitmenschen unterwegs«, um deren Absichten zu erahnen.

Grübeln wegen schlechter Erfahrungen

Das dahinterstehende Motiv des Gedankenüberflusses bei stark Mentalisierenden ist häufig, die Kontrolle über bestimmte Situationen behalten zu wollen. In der Kindheit haben hypermentalisierende Menschen oft keine sicheren Bindungserfahrungen gemacht. Stattdessen mussten sie erleben, wie es ist, sich in Situationen oder bestimmten Konstellationen hilflos, minderwertig, beschämt und/oder ausgeliefert zu fühlen. Das möglicherweise aggressive und unvorhersehbare Verhalten ihrer Bezugspersonen (Eltern, Geschwister etc.) hat sie damals erschrocken und regelrecht wachsam werden lassen.
Chronisch Traumatisierte sind dadurch quasi stets auf der Hut vor möglichen Gefahren. Niemals wieder möchten sie sich ohnmächtig einem Menschen oder dem Leben gegenüber fühlen. Deshalb versuchen sie im Geiste alle möglichen potenziell eintretenden Ergebnisse, Ereignisse oder Verhaltensoptionen auszuloten. Sie sind häufig auf der Suche nach Erklärungen, um sich selbst und andere besser verstehen zu können.
Aber: Die Vergangenheit aufzuarbeiten, um die bestehenden negativen Glaubenssätze hinterfragen und ändern zu können, ist eine – wichtige – Sache. Problematisch wird es jedoch, immer wieder mit denselben Grübeleien gedanklich zu kreisen. Der Blick nach vorne und das innere Wachstum bleiben verstellt, solange man in der Vergangenheit feststeckt.

Auch aus diesem Grund ist es wichtig – nur für sich selbst –, mit der Vergangenheit abzuschließen, um endlich Frieden finden zu können. An dieser Stelle sei noch einmal der Unterschied verdeutlicht: Ob man sich parallel zur inneren Vergebung mit den Bezugspersonen aus der Kindheit versöhnt (oder mit Ex-PartnerInnen etc.), bleibt dabei vollkommen dir überlassen. Wie verzeihen möglich wird – ob mit oder ohne zwischenmenschliche Versöhnung –, ist nachfolgend aufgeführt.

Wie verzeihen möglich wird

Für viele hilft es, »fortzugehen«, um sich danach wieder im Geiste an die bestehenden familiären oder partnerschaftlichen Konstellationen anzunähern. Nicht zwangsläufig ist mit dem »Fortgehen« ein rigoroser Bruch mit der Familie gemeint. Meistens genügen kleinere Pausen zwischen den Kontakten mit den Eltern, (Ex-) PartnerInnen, FreundInnen etc. Manches Mal genügen schon weniger intensive Gespräche. Durch den geistigen und gegebenenfalls auch physischen Abstand zu den betroffenen Personen wird es möglich, festgefahrene Strukturen und alte Gewohnheiten aufzubrechen. Anschließend lässt sich in Reife und respektvoller Distanz auf einem neuen Niveau begegnen.

Wie erfolgreich man verzeihen kann, ist eine Frage des inneren Abstands zur Vergangenheit, der Selbstaufrichtung und der Bekenntnis zur eigenen Person. Je stabiler man in dem neuen Leben wird, desto eher ist Vergebung erreichbar. Die Verletzungen werden innerlich losgelassen und der Schmerz wird bewältigbar.

Wir schaffen es zu vergeben, indem wir beispielsweise …

… die Perspektive der Eltern einnehmen

Im Rahmen mancher psychotherapeutischer Interventionen wird gemeinsam mit den Klienten versucht, die Perspektive der Eltern einzunehmen. Es wird versucht, die Traumata und die Biografien der Eltern zu durchleuchten, um zu begreifen, warum sie so handelten, wie sie handelten (Bsp. Kriegserfahrungen, Armut etc.). Außerdem lässt sich hinterfragen, welche negativen Glaubenssätze ihnen von ihren Eltern mitgegeben worden sind. Viele Psychologen sprechen diesbezüglich von einer Generationslast, die schließlich von den Großeltern über die Eltern auch an dich weitergegeben wurde. Indem du bemüht bist, zu verstehen, und versuchst zu vergeben, erklärst du dich bereit, die Generationslast aufzubrechen. Sei stolz auf dich!

… den Fokus auf die Stärken richten

Welche Stärken und Fähigkeiten hast du aufgrund deines besonderen Lebensweges erlangt? Unsere seelische Widerstandskraft entsteht nicht trotz unserer gemachten Erfahrungen – sondern gerade WEIL wir diese Erfahrungen gemacht haben. Auch Eigenschaften wie eine hohe Sensibilität oder eine erhöhte Wachsamkeit können als Stärken positiv interpretiert werden, da sie dich in der Kindheit und auch später schützten und dir eine erste Orientierung für dein Leben gaben. Sie waren Teil deiner Überlebensstrategie. Unabhängig davon werden diese Eigenschaften sich im Zuge des Prozesses der Selbstheilung vermutlich abschwächen und du wirst von einer größeren inneren Ruhe profitieren.

… uns aus der Opferrolle befreien

Zugegeben, dieser Punkt kann widersprüchliche Gefühle mit sich bringen. Gerade wenn es um die Aufarbeitung der eigenen Kindheit geht, sind die Kinder nicht als Akteur oder Verursacher von Leid zu sehen. Kinder mit einer traumatischen Kindheit sind die Opfer, das ist Fakt. Ungeachtet dessen gibt es eventuell Situationen im Erwachsenenalter, beispielsweise mit den Eltern, PartnerInnen etc., in denen man seine eigenen Verhaltensweisen hinterfragen könnte. Wo war man selbst Akteur und hat bestimmte Konflikte entfacht? Hierbei geht es nicht um die Zuweisung von Schuld, sondern viel eher soll dir dieser Gedankenansatz dabei helfen, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen. Ein Vorteil einer gedanklichen Relativierung ist unter anderem, dass die gefühlte Hilflosigkeit weniger bedeutsam interpretiert wird.

… achtsam im Hier und Jetzt bleiben

Ein wichtiger Aspekt dabei, wie verzeihen möglich wird, ist die Achtsamkeit. Achtsamkeit bringt es mit sich, dass du vollständig im Hier und Jetzt bist. Als Erwachsener bist du niemandem mehr ausgeliefert. Damit einher geht, dass du die vollständige Kontrolle über dein Leben hast. Nicht wenige von uns waren in der Kindheit gezwungen, sich Strategien zu überlegen, damit sie in destruktiven Familienverhältnissen zurechtkommen konnten. Das ist nun nicht mehr notwendig. Du kannst dich als verantwortungsvoller Erwachsener vollständig um dich, deine innere Heilung und deinen inneren Frieden kümmern. Alles Gute für dich!

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