«Der Weg des Bogens» heisst Paulo Coelhos neuestes Buch. Darin übt sich der Brasilianer in der Kunst des Bogenschiessens. Und Übung hat er dringend nötig. Denn Coelho meint Zen-Meister in dieser Kunst zu sein. Und das ist nun wirklich lächerlich.
Ich halte die Bücher von Paulo Coelho nicht für esoterischen Stuss. Auch ich habe vor 20 Jahren «Der Alchimist», «Auf dem Jakobsweg» oder «Am Ufer des Rio Piedra sass ich und weinte» mit Interesse gelesen. Es sind Bücher mit der typischen Paulo-Coelho-Essenz: ‚Lebe deinen Traum, denn für alles andere ist dein Leben zu kurz.‘ Wie wahr und gleichzeitig banal diese Botschaft doch ist. Und um Wahrheit geht es nun auch in seinem neusten Buch: «Der Weg des Bogens».
Darin begegnet ein Junge einem Zen-Meister, der ihn in der Kunst des Bogenschiessens einführt.
«Du hast mich gerade Meister genannt. Was ist ein Meister? Nun, ich werde es dir sagen: Ein Meister ist nicht derjenige, der etwas lehrt, sondern jemand, der seinen Schüler dazu anregt, sein Bestes zu geben, um ein Wissen zu entdecken, das er bereits in seiner Seele trägt.»
Daumen rauf
Wow! Was für schöne Zeichnungen von Christoph Niemann. Ästhetik pur. Besonders jene auf Seite 102 (siehe Grafik oben).
Daumen runter
- Paulo Coelho läuft für mich in der Kategorie Philosophen unter «Easy Food», also leichte Kost. Das ist per se nicht schlecht. Aber von allzu leichter Kost kriege ich keine Erkenntnisse, sondern unangenehme Blähungen. Kurz: Dieses Buch liest sich wie ein schlaffer, wässriger Gurkensalat. Rülps.
- «Der Weg des Bogens» ist ein gefühlter Mix aus «I Ging» und «Zen in der Kunst des Bogenschiessens». Beides herausragende Werke, die ich im Original kenne und schätze. Darum: Bitte die Originale lesen und Coelhos Buch beiseitelegen!
- Paul Coelho bezieht sich stark auf «Zen in der Kunst des Bogenschiessens» von Eugen Herrigel. Aber leider vereinfacht er dessen Buch zu stark. Ich bekomme dadurch ein falsches Bild von Zen. Das Fazit bei Coelho: Man soll das tun, was einen wirklich begeistert. Aber bei Zen gilt: Man soll alles immer mit Begeisterung tun. Denn geht es bei Zen nicht gerade darum, sich als Individuum zurückzunehmen? Und in der Auseinandersetzung mit einer Tätigkeit intuitiv das Geheimnis der menschlichen Existenz – das «Sein Werden» und das «Werden sein» so Herrigel – zu erfassen?