In den jetzt langen dunklen kalten Herbstabenden, vielleicht sogar nach schon langer und noch etwas andauernder corona-Isolation, da ist sie manchmal spür- und sichtbar, die Einsamkeit: „Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben“, schreibt Rilke, und niemand anderes konnte der Macht, der Kraft und der Atmosphäre der Gefühle prächtigeren Ausdruck verleihen als er.
Wie ist es mit Deiner Einsamkeit? Gibt es sie, spürst Du sie? Oder siehst Du sie bei anderen? Bist Du froh und glücklich, nicht so einsam zu sein wie sie? Zu recht!
Herbesttag
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Vielleicht versucht man, der Einsamkeit zu entfliehen, indem man sich ins Bett legt, mit jemand, den man hasst. Aber auch das entlarvt Rilke als eine nicht vollständig zufriedenstellende Lösung:
Einsamkeit
Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen:
von Ebenen, die fern sind und entlegen,
geht sie zum Himmel, der sie immer hat.
Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.
Regnet hernieder in den Zwitterstunden,
wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen
und wenn die Leiber, welche nichts gefunden,
enttäuscht und traurig von einander lassen;
und wenn die Menschen, die einander hassen,
in einem Bett zusammen schlafen müssen:
dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen …
Was bleibt, ist festzustellen, dass zumindest es auszudrücken, Worte zu finden, wenigstens ein Trost ist, der Trost, zu akzeptieren was ist. Und dass man mit dem Gefühl der Einsamkeit nicht allein ist. Sondern nur einsam.