Der Todestrieb nach Freud

Der Todestrieb ist allen Nationen gemein.

Diese Erörterung versucht, aufzuzeigen, dass Freuds Annahme, dem Menschen hafte wesensmäßig ein Aggressionstrieb an, ein Meilenstein für eine Moralphilosophie ‚jenseits von Gut und Böse‘ – gemessen an den herrschenden Moralvorstellungen der Gesellschaft zumindest des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert – war.

Jenseits von Gut und Böse, jenseits von richtig und falsch.

Die freudsche Annahme eines Todes-Triebes ist – entgegen der pauschalen Verwerfung durch seine Kritiker – nur insoweit ein „Irrweg“, als dieser über den Aggressionstrieb hinausgeht. Denn Freuds Annahme eines Todestriebes im engeren Sinne ist zwar einerseits keine wissenschaftliche – schon gar nicht falsifizierbare – Theorie, sondern ein weltanschaulicher (und verzichtbarer) Überbau, den er letztlich aus einem klinisch festgestellten (Fremd- und Auto-)“Aggressionstrieb“ induktiv herleitet. Der Todestrieb findet in der Physik sogar eine Entsprechung im zweiten Hauptsatz der Thermodynamik mit der letztlich unaufhaltsamen, universalen Zunahme der Entropie, lässt sich aber nicht als Quelle innerer Erregung eines Organismus, also nicht als Trieb im Sinne Freuds begreifen.

Die vom Todestrieb im engeren Sinne trennbare Idee des „Aggressionstriebes“ bewegt sich andererseits nicht nur in einem philosophisch vorgeprägten Flussbett, etwa der Genealogie der Moral Nietzsches, sondern lässt sich auch aus heutiger neurowissenschaftlicher und psychologischer Perspektive begründen, obgleich Erich Fromm darin beizupflichten ist, dass einige – insbesondere die lustvoll destruktiven – Formen der Aggression besser nicht als Trieb oder Instinkt, sondern als ein in den Bedingungen der menschlichen Existenz selbst verwurzeltes Potenzial anzusehen sind, das erst durch individuelle Charakterentwicklung zum Tragen kommt.

Inhalt

I A. Einleitung

B. Hauptteil
I. Jenseits des Lustprinzips – der Todestrieb nach Freud
1. Übersicht
2. Der Begriff des Triebes nach Freud
3. Die Herleitung und Fortentwicklung des Todestriebes durch Freud
4. Welchen argumentativen Nutzen hatte die These vom Todestrieb für Freud?
II. Der feste Boden diesseits der Idee des „Todestriebes“
1. Die Entropie – ubiquitär, auch in der Biologie
2. Die Aggression
III. Die Bedeutung des „Aggressionstriebs“ insbesondere in der Philosophie

C. Schluss

Wir dagegen wenden uns jetzt wieder dem Leben zu.

Lao Tzu – Ein Mann mit äußerem Mut wagt es zu sterben; Ein Mann mit innerem Mut wagt es zu leben.

A. Einleitung

Unter einer Weltanschauung versteht Freud eine „intellektuelle Konstruktion, die alle Probleme unseres Daseins aus einer übergeordneten Annahme einheitlich löst“.1 Die Frage, ob die Psychoanalyse zu einer bestimmten Weltanschauung führe, beantwortet er dahingehend, dass die Psychoanalyse diejenige der Wissenschaft annehmen müsse. Diese habe jedoch die Einheitlichkeit der Welterklärung „nur als Programm, deren Erfüllung in die Zukunft verschoben sei“2 ; sie suche – in Gegensatz zum „intellektuellen Nihilismus“3 – zwar die „Übereinstimmung mit der realen Außenwelt“4, beschränke sich dabei aber auf das derzeit Wissbare und erhebe vor allem „keinen Anspruch auf Geschlossenheit und Systembildung“5. Die Wissenschaft beschränke sich ferner – ohne Bindung an Denkverbote – auf die „intellektuelle Bearbeitung sorgfältig überprüfter Beobachtungen“6 und lehne eine Kenntnis aus Offenbarung, Intuition oder Divination ebenso ab wie sonstige Illusionen, die für ihn gleichbedeutend mit „Erfüllungen von Wunschregungen“ sind.7 Als eine solche Illusion sieht Freud auch die auf der „Überschätzung des Erkenntniswertes unserer logischen Operationen“8 in der Philosophie beruhende Annahme, überhaupt ein lückenloses und zusammenhängendes Weltbild liefern zu können.

Die Arbeiten Freuds werden einem solchen Anspruch der Wissenschaft indes nicht immer gerecht. Dies gilt namentlich für seine These vom „Todestrieb“ des Menschen. Hiermit befasst sich Freud in seinen letzten Lebensjahren zunehmend, wobei er die ursprünglich in Jenseits des Lustprinzips (1920) dargelegten und damals noch ausdrücklich angezweifelten9 Überlegung in der Folgezeit – ohne weitere Argumente – als subjektiv gesicherte Grundlage10 ansah. Dies zeigen seine Ausführungen hierzu in den nachfolgenden Veröffentlichungen: Das Ich und das Es (1923), Das Unbehagen in der Kultur (1930), Warum Krieg? (1933), Neue Folgen der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1933) und Die endliche und unendliche Analyse (1937).

Denn soweit Freud einen über einen allgemeinen Aggressionstrieb hinausgehenden, originär auch gegen das eigene Leben gerichteten Todes- Trieb als Gegen -Spieler11 zu den Lebenstrieben („Eros“) ableitet, dürfte er unter Hintanstellung seiner wissenschaftlichen Kriterien dem philosophischen Streben nach einem zusammenhängenden Weltbild erlegen sein. Insoweit verwundert es nicht, wenn er zuletzt (1937) in Erwiderung auf die Kritik an seiner Theorie auf die Idee des ewigen Kampfes zwischen Liebe und Streit zurückgreift, wie sie vom Vorsokratiker Empedokles aus Akragas entwickelt wurde.12

Auch wenn sich seine Theorie vom Todestrieb im engeren Sinne schwerlich aufrecht erhalten lässt und nach der hier vertretenen Auffassung auch nicht weiter verfolgt werden sollte, versucht nachfolgende Erörterung aufzuzeigen, dass Freuds Annahme, dem Menschen hafte wesensmäßig ein Aggressionstrieb an, ein Meilenstein für eine Moralphilosophie ‚jenseits von Gut und Böse‘ – gemessen an den herrschenden Moralvorstellungen der Gesellschaft zumindest des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert – war.

Für den Menschen, der sich auf dem Pfad der Erleuchtung befindet, sind Glaube und Vernunft gleichermaßen wichtig.

Du musst das, woran Du glaubst, auch mit Vernunft gutheißen.

Das bedeutet, dass Du offen bist und alle Eindrücke aufnimmst; Dein Verständnis von gut und Schlecht sagt Dir dann, woran Du wirklich glauben kannst. Bewahre Dir immer einen gesunden Teil Skepsis und hinterfrage die Dinge, die Du hörst, siehst, denkst oder fühlst. Nimm auch das Urteil anderer nicht kritiklos an, sonst bist Du in Deiner Meinung wenig überzeugt und noch weniger überzeugend.

B. Hauptteil

I. Jenseits des Lustprinzips – der Todestrieb nach Freud

1. Übersicht

In einem Brief an Albert Einstein von September 1932 – veröffentlicht unter dem Titel W arum Krieg? (1933) – fasst Freud seine Auffassung vom Todestrieb dahingehende zusammen, dass „dieser Trieb13 innerhalb jedes lebenden Wesens arbeitet und dann das Bestreben hat, es zum Zerfall zu bringen, das Leben zum Zustand der unbelebten Materie zurückzuführen. Er verdiente in allem Ernst den Namen eines Todestriebes, während die erotischen Triebe die Bestrebungen zum Leben repräsentieren. Der Todestrieb wird zum Destruktionstrieb, indem er mit Hilfe besonderer Organe nach außen, gegen die Objekte, gewendet wird. Das Lebewesen bewahrt sozusagen sein eigenes Leben dadurch, dass es fremdes zerstört. Ein Anteil des Todestriebes verbleibt aber im Inneren des Lebewesens tätig, und wir haben versucht, eine ganze Anzahl von normalen und pathologischen Phänomenen von dieser Verinnerlichung des Destruktionstriebes abzuleiten. Wir haben sogar die Ketzerei begangen, die Entstehung unseres Gewissens durch eine solche Wendung der Aggression nach innen zu erklären.“

2. Der Begriff des Triebes nach Freud

Freud geht in Jenseits des Lustprinzips (1920) davon aus, dass die Triebe als ausgiebigste Quellen innerer Erregung eines Organismus „das wichtigste wie das dunkelste Element der psychologischen Forschung“ seien; er nehme an, „dass die von den Trieben ausgehenden Regungen nicht den Typus des gebundenen, sondern den des frei beweglichen, „nach Abfuhr drängenden Nervenvorganges einhalten“, wobei er dies dem sog. „Primärvorgang“im Unbewussten zuordnet; es sei „dann die Aufgabe der höheren Schichten des seelischen Apparates, die im Primärvorgang anlangende Erregung der Triebe zu binden“.14

Freud grenzt in seiner 32. Vorlesung (Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, 1933) seinen Triebbegriff näher ein: „Ein Trieb unterscheidet sich (…) von einem Reiz darin, dass er aus Reizquellen im Körperinnern stammt, wie eine konstante Kraft wirkt und dass die Person sich ihm nicht durch die Flucht entziehen kann, wie es beim äußeren Reiz möglich ist. Man kann am Trieb Quelle, Objekt und Ziel unterscheiden. Die Quelle ist ein Erregungszustand im Körperlichen, das Ziel die Aufhebung dieser Erregung, auf dem Wege von der Quelle zum Ziel wird der Trieb psychisch wirksam. Wir stellen ihn vor als einen gewissen Energiebetrag, der nach einer bestimmten Richtung drängt“. Das Triebziel könne am eigenen Körper erreicht werden, in der Regel werde aber ein äußeres Objekt eingeschoben.Die Beziehung des Triebes zu Ziel und Objekt lasse auch Änderungen zu, wobei die „Art von Modifikation des Ziels und Wechsel des Objekts, bei der unsere soziale Wertung in Betracht kommt,“ von Freud als sog. Sublimierung angesehen wird.15

Nach diesen Kriterien unterschiedet Freud anfangs noch dualistisch die (v.a. bei entsprechenden Zielhemmungen) aufschiebbaren und in ihren Zielen wechselnden Sexualtriebe von den unbeugsamen und unaufschiebbaren Selbsterhaltungstrieben 16 – den sog. „Ichtrieben“17.

Über das Phänomen des Narzissmus und einer ständig wechselseitigen Umwandlung von Objektlibido und Ichlibido gelangt Freud später jedoch zu der Überzeugung, dass die beiden ihrer Natur nach nicht verschieden seien, so dass es keinen Sinn habe, „die Energie der einen von der der anderen zu sondern, man kann die Bezeichnung Libido fallenlassen oder sie als gleichbedeutend mit psychischer Energie überhaupt gebrauchen.“18 Vom Sexualtriebe oder „Eros“ umfasst sah Freud daher in der Folgezeit „nicht nur den eigentlichen ungehemmten Sexualtrieb und die von ihm abgeleiteten zielgehemmten und sublimierten Triebregungen, sondern auch den Selbsterhaltungstrieb“ an.19

3. Die Herleitung und Fortentwicklung des Todestriebes durch Freud

a) In Jenseits des Lustprinzips geht Freud – gestützt auf20 seine klinische Beobachtung – zunächst vom psychologischen Gedanken des Wiederholungszwangs aus. Dieser beziehe sich beim Kind teilweise auf unlustvolle, v.a. aber auf lustvolle Erlebnisse, wobei „die Wiederholung, das Wiederfinden der Identität, selbst eine Lustquelle“ bedeute. Beim analysierten Patienten werde klar, „dass der Zwang, die Begebenheiten seiner infantilen Lebensperiode in der Übertragung zu wiederholen, sich in jeder Weise über das Lustprinzip hinaussetzt.“21

Daraus versucht Freud, ein weiteres Charakteristikum der Triebe22 zu begründen: „ Ein Trieb wäre also ein dem belebten Organischen innewohnender Drang zur Wiederherstellung eines früheren Zustandes, welchen dies Belebte unter dem Einflusse äußerer Störungskräfte aufgeben musste, eine Art von organischer Elastizität, oder wenn man will, die Äußerung der Trägheit im organischen Leben.“23 Freud erkennt entgegen der bisher gewohnten Sicht, nach der im Trieb das zur Veränderung oder Entwicklung drängende Moment enthalten sei, im Trieb vielmehr einen „Ausdruck der konservativen Natur des Lebenden“.24 Er findet dabei „in den Phänomenen der Erblichkeit und in den Tatsachen der Embryologie die großartigsten Beweise für den organischen Wiederholungszwang“.25

„Wenn also alle organischen Triebe konservativ, historisch erworben und auf Regression, Wiederherstellung von Früherem, gerichtet sind, so müssen wir die Erfolge der organischen Entwicklung auf die Rechnung äußerer, störender und ablenkender Einflüsse setzten.“26 „Der konservativen Natur der Triebe widerspräche es, wenn das Ziel des Lebens ein noch nie zuvor erreichter Zustand wäre. (…). Wenn wir es als ausnahmslose Erfahrung annehmen dürfen, dass alles Lebende aus inneren Gründen stirbt, ins Anorganische zurückkehrt, so können wir nur sagen: Das Ziel alles Lebens ist der Tod, und zurückgreifend: Das Leblose war früher da als das Lebende.“27

Nunmehr sieht Freud die „Selbsterhaltungs-, Macht und Geltungstriebe“ als „Partialtriebe, dazu bestimmt, den eigenen Todesweg des Organismus zu sichern und andere Möglichkeiten der Rückkehr zum Anorganischen als die immanenten fernzuhalten, aber das rätselhafte, in keinem Zusammenhang einfügbare Bestreben des Organismus, sich aller Welt zum Trotz zu behaupten, entfällt. Es erübrigt, dass der Organismus nur auf seine Weise sterben will; auch diese Lebenswächter sind nur ursprüngliche Trabanten des Todes gewesen.“28

Die von Freud unbestrittene Feststellung, dass es in der Evolution eine Entwicklungsrichtung (auch) zur Höherentwicklung gibt, rechtfertige nicht die Annahme eines diesbezüglichen Triebs; diese Entwicklungsrichtung einerseits und die damit häufig verbundenen Erscheinungen der Rückbildung andererseits ließen sich vielmehr als „Folgen der zur Anpassung drängenden äußeren Kräfte“ erklären.29 Freud sieht es indes als wahrscheinlich an, dass „das Bestreben des Eros, das Organische zu immer größeren Einheiten zusammenzufassen, einen Ersatz für den nicht anzuerkennenden »Vervollkommnungstrieb« leistet.“30

Zwar sei bei der ungeschlechtliche Vermehrung durch Zellteilung (Mitose)31 von Einzellern (Protozoen) ein Tod nach üblichem Verständnis nicht feststellbar.32 Dennoch findet Freud für seinen nunmehr wieder dualistischen 33 Gegensatz zwischen dem Todestrieb einerseits und den Sexualtrieben als den „ eigentlichen Lebenstriebe(n)“34 andererseits eine Bestätigung in der Ende des 19. Jahrhunderts vom Evolutionsbiologen August Weismann bei vielzelligen Lebewesen entdeckten Unterscheidung zwischen einem sterblichen Teil (Soma) und einem – potentiell, nämlich nur unter gewissen günstigen Bedingungen – unsterbliche Teil („Keimplasma“ = nach heutiger Terminologie die Keim- oder Stammzellen, aus denen im Rahmen der Keimbahn bei Menschen und anderen Wirbeltieren die Samen- und Eizellen entstehen).35 Das Ziel der Sexualtriebe sei bei geschlechtlicher Fortpflanzung die Verschmelzung zweier in bestimmter Weise differenzierter Keimzellen36 und zwar allein zur Vermischung zweier verschiedener Vererbungstendenzen mit der Folge einer Steigerung der Variabilität der Lebewesen.37 „Nur unter dieser Bedingung kann die Geschlechtsfunktion das Leben verlängern und ihm den Schein der Unsterblichkeit verleihen.“38

„Mit dem Eintritt dieser Differenzierung bei den Vielzelligen wurde der Tod möglich und zweckmäßig.“39 Denn nach allgemeiner Einsicht sei „die Vereinigung zahlreicher Zellen zu einem Lebensverband, die Vielzelligkeit der Organismen, ein Mittel zur Verlängerung ihrer Lebensdauer geworden. Eine Zelle hilft dazu, das Leben der anderen zu erhalten, und der Zellenstaat kann weiterleben, auch wenn einzelne Zellen absterben müssen.“40 Freud spricht insoweit einerseits vom „narzisstischen“ Benehmen der Keimzelle und anderseits von der „libidinösen Funktion“ der übrigen Zellen41 bzw. von den „Libidobeiträgen (…), mit denen die Somazellen aneinanderhaften“.42

Letztlich nimmt Freud an, „dass der Lebensprozess des Individuums aus inneren Gründen zur Abgleichung chemischer Spannungen, das heißt zum Tode führt, während die Vereinigung mit einer individuell verschiedenen lebenden Substanz diese Spannungen vergrößert, sozusagen neue Vitaldifferenzen einführt, die dann abgelebt werden müssen. Für diese Verschiedenheit muss es natürlich ein oder mehrere Optima geben. Dass wir als die herrschende Tendenz des Seelenlebens, vielleicht des Nervenlebens überhaupt, das Streben nach Herabsetzung, Konstanterhaltung, Aufhebung der inneren Reizspannung erkannten (…), wie es im Lustprinzip zum Ausdruck kommt, das ist ja eines unserer stärksten Motive, an die Existenz von Todestrieben zu glauben.“43

In Bezug auf das Verhältnis der triebhaften Wiederholungsvorgänge zur Herrschaft des Lustprinzips – also der Regulation des Ablaufs der seelischen Vorgänge dahingehend, dass dieser „durch ein unlustvolle Spannung angeregt wird und dann eine Richtung einschlägt, dass sein Endergebnis mit einer Herabsetzung dieser Spannung (…) zusammenfällt“44 – geht Freud davon aus, dass die Lebenstriebe, weil sie ständig „Spannungen mit sich bringen, deren Erledigung als Lust empfunden wird“, stärker wahrgenommen würden, während „die Todestriebe ihre Arbeit unauffällig zu leisten scheinen. Das Lustprinzip scheint geradezu im Dienste der Todestriebe zu stehen; es wacht allerdings auch über die Reize von außen, die von beiderlei Triebarten als Gefahren eingeschätzt werden, aber ganz besonders über die Reizsteigerungen von innen her, die eine Erschwerung der Lebensaufgabe erzielen.“45

Der o.g. Dualismus finde, so Freud, eine psychische Entsprechung bei der Objektliebe in der Polarität zwischen Liebe und Hass, sowie bei der Sexualität in der sadistischen bzw. masochistischen Komponente.46

b) In dem Kapitel Die beiden Triebarten aus der Veröffentlichung Das Ich und das Es (1923) fasst Freud den Dualismus zwischen Sexualtrieb und Todestrieb dahingehend zusammen, dass es die Aufgabe des Todestriebes sei, „das organische Lebende in den leblosen Zustand zurückzuführen, während der Eros das Ziel verfolgt, das Leben durch immer weitergreifende Zusammenfassung der in Partikel zersprengten lebenden Substanz zu komplizieren, natürlich es dabei zu erhalten,“47 wobei jedem „dieser beiden Triebarten ein besonderer physiologischer Prozess (Aufbau und Zerfall) zugeordnet sei“.48

Über die von Freud als sicher angenommene, regelmäßige Vermischung der beiden Triebe (wie sie z.B. bei der sadistischen Komponente des Sexualtriebs anzutreffen sei oder der Ambivalenz zwischen gleichzeitigem Hass und Liebe gegenüber demselben Objekt49 ) kommt er bei mehrzelligen Lebewesen zu der Annahme, dass der Todestrieb der Einzelzelle „neutralisiert“ und teilweise „als Destruktionstrieb gegen die Außenwelt und andere Lebewesen“ abgeleitet würde; so etwa beim selbständig gewordenen Sadismus in unvermischter Form.50

Ein Wechsel zwischen Hass und Liebe gegenüber demselben Objekt lasse sich aber wohl nur mit einer „verschiebbaren Energie“ erklären, „die, an sich indifferent, zu einer qualitativ differenzierten erotischen oder destruktiven Regung hinzutreten und deren Gesamtbesetzung erhöhen kann“, die „im Dienst des Lustprinzips arbeitet, um Stauungen zu vermeiden und Abfuhren zu erleichtern“51 und vermutlich „dem narzisstischen Libidovorrat entstammt, also desexualisierter Eros“ – d.h. sublimiert durch die Vermittlung des Ichs (also des Bewusstseins) – sei.52 Die „wichtigste Leistung des Ichs in seinem Verhältnis zu Eros“ sei, dass es durch diese Sublimierung „den Absichten des Eros entgegen“ arbeite und „sich in den Dienst der gegnerischen Triebregung“ stelle.

Erst zu einem späteren Zeitpunkt in Angst und Triebleben der Neuen Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1933) äußert Freud sich über das Verhältnis von Auto- und Fremdaggression. Er geht davon aus, dass der53 Masochismus älter sei als der Sadismus und „dass die Aggression in der Außenwelt Befriedigung nicht finden kann, weil sie auf reale Hindernisse stößt. Sie wird dann vielleicht zurücktreten, das Ausmaß der im Inneren waltenden Selbstdestruktion vermehren. (…) es sieht wirklich so aus, als müssten wir anderes und andere zerstören, um uns nicht selbst zu zerstören, um uns vor der Tendenz zur Selbstdestruktion zu bewahren.“Da sich Freud in seinen54 früheren Werken mehr mit der Auto- als mit der Fremdaggression beschäftigte, wird erstere – trotz der notwendigen Überschneidungen – auch hier zuerst dargestellt:

So führt Freud in Das Ich und das Es (1923) bei der anschließenden Erörterung der Abhängigkeit des Ichs 55, insb. in seinem Verhältnis zum Über-Ich, dem Ichideal und dem darin wurzeln­den Schuldgefühl, zunächst eine weitere Verbindung zum Todestrieb an, die sich Depression (in der Terminologie Freuds: „Melancholie“) zeige. Hinsichtlich einer solchen Depression kommt er zum Ergebnis, „dass das überstarke Über-Ich, welches das Bewusstsein an sich gerissen hat, gegen das Ich mit schonungsloser Heftigkeit wütet, als ob es sich des ganzen im Individuum verfügbaren Sadismus bemächtigt hätte. Nach unserer Auffassung des Sadismus würden wir sagen, die destruktive Komponente habe sich im Über-Ich abgelagert und gegen das Ich gewendet. Was nun im Über-Ich herrscht, ist wie eine Reinkultur56 des Todestriebes, und wirklich gelingt es diesem oft genug, das Ich in den Tod zu treiben, wenn das Ich sich nicht vorher durch den Umschlag in Manie seines Tyrannen erwehrt.“ Dabei ist Freud schon davon ausgegangen, dass diese (Auto-) Aggression des Über-Ichs gegen das Ich in einem Zusammenhang mit unterbundener Fremd-Aggression steht. Denn angesichts dieser Fälle der Melancholie und der vergleichbaren Fälle bestimmter Zwangsneurosen, bei denen die Liebesimpulse sich in Aggressionsimpulse gegen das Objekt umgesetzt haben,57 führt Freud weiter aus: „Die gefährlichen Todestriebe werden im Individuum auf verschiedene Weise behandelt, teils durch Mischung mit erotischen Komponenten58 unschädlich gemacht, teils als Aggression nach außen abgelenkt, zum großen Teil setzen sie gewiss unbehindert ihre innere Arbeit fort. Wie kommt es nun, dass bei der Melancholie das Über-Ich zu einer Art Sammelstätte der Todestriebe werden kann? Moralität, kann man sagen: Das Es ist ganz amoralisch, das Ich ist bemüht, moralisch zu sein, das Über-Ich kann hypermoralisch und dann so grausam werden wie nur das Es. Es ist merkwürdig, dass der Mensch, je mehr er seine Aggression nach außen einschränkt, desto strenger, also aggressiver in seinem Ichideal wird. Der gewöhnlichen Betrachtung erscheint dies umgekehrt, sie sieht in der Forderung des Ichideals das Motiv für die Unterdrückung der Aggression. Die Tatsache bleibt aber, wie wir sie ausgesprochen haben: Je mehr ein Mensch seine Aggression meistert, desto mehr steigert sich Es ist wie eine Verschiebung, eine Wendung gegen das eigene Ich.“

Diesen Aspekt wird aus den Ausführungen Freuds im VII. Kapitel von Das Unbehagen in der Kultur (1930) zur Frage, welcher Mittel sich die Kultur der Menschen bedient, um die ihr entgegenstehende Aggression der Individuen zu hemmen, noch deutlicher: „Die Aggression wird introjiziert, verinnerlicht, eigentlich aber dorthin zurückgeschickt, woher sie gekommen ist, also gegen das eigene Ich gewendet. Dort wird sie von einem Anteil des Ichs übernommen, das sich als Über-Ich59 dem übrigen entgegenstellt und nun als » Gewissen « gegen das Ich dieselbe strenge Aggressionsbereitschaft ausübt, die das Ich gerne an anderen, fremden Individuen befriedigt hätte. Die Spannung zwischen dem gestrengen Über-Ich und dem ihm unterworfenen Ich heißen wir Schuldbewußtsein; sie äußert sich als Strafbedürfnis.“60 Da der Mensch kein „ursprüngliches, sozusagen natürliches Unterscheidungsvermögen für Gut und Böse“ habe, stamme das Schuldbewusstsein ursprünglich von außen, nämlich „aus Angst vor dem Liebesverlust“ der anderen, was Freud die „ soziale Angst “ nennt.61 Nach deren Verinnerlichung durch das Über-Ich „benimmt (es, das Über-Ich) sich nämlich umso strenger und misstrauischer, je tugendhafter der Mensch ist“.62 Denn jeder „Triebverzicht wird nun eine dynamische Quelle des Gewissens, jeder neue Verzicht steigert dessen Strenge und Intoleranz“.63 Nach Freud kommt vermutlich als weiterer Aspekt hinzu, dass „jedes Stück Aggression, dessen Befriedigung wir unterlassen, vom Über-Ich übernommen wird und dessen Aggression (gegen das Ich) steigert,“64 wobei es sich bei der von uns unterlassenen Aggression wohl um diejenige handelt, die sich als – nicht umsetzbare – Rache gegen das Über-Ich als verinnerlichte strafende Instanz richten würde.65 Später (1933) ließ er lediglich theoretisch „im Zweifel, ob wir annehmen sollen, dass alle aus der Außenwelt zurückgekehrte Aggression vom Über-Ich gebunden und somit gegen das Ich gewendet werde oder dass ein Teil von ihr seine stumme und unheimliche Tätigkeit als freier Destruktionstrieb im Ich und Es ausübe.“ Wieder ein paar Jahre später in Die endliche und unendliche Analyse (1937) fasst Freud diesen Aspekt dahingehend zusammen, dass „auf dem Weg der Entwicklung vom Primitiven zum Kulturmenschen eine sehr erhebliche Verinnerlichung, Einwärtswendung der Aggression stattfindet, und für die Außenkämpfe, die dann unterbleiben, wären die inneren Konflikte sicherlich das richtige Äquivalent.“67

In Das Unbehagen in der Kultur (1930) setzt sich Freud näher mit der Fremdaggression als Teil des Todestriebes auseinander. Er spricht diesbezüglich von der „Ubiquität der nicht erotischen Aggression und Destruktion“, die er als „angeborene Neigung des Menschen zum »Bösen«, zur Aggression, Destruktion und damit auch zur Grausamkeit“ bezeichnet.68 Denn es lasse sich nicht verkennen, dass die Befriedigung des Sadismus, auch wo er ohne sexuelle Absicht auftrete, „noch in der blindesten Zerstörungswut (…) mit einem außerordentlich hohen narzisstischen Genuss verknüpft ist, indem sie dem Ich die Erfüllung seiner alten Allmachtswünsche zeigt. Gemäßigt und gebändigt, gleichsam zielgehemmt, muss der Destruktionstrieb, auf die Objekte gerichtet, dem Ich die Befriedigung seiner Lebens-bedürfnisse und die Herrschaft über die Natur verschaffen.“69 Dieser Trieb finde in der Kultur, die im Dienst des Eros „vereinzelte menschliche Individuen, später Familien, dann Stämme, Völker, Nationen zu einer großen Einheit, der Menschheit, zusammenfassen wolle“, sein stärktes Hindernis. Insoweit ergänzend führt Freud in Neue Folge der Vorlesungen in die Psychoanalyse (1933) zu den (Fremd-)Aggressionstrieben aus: „Diese sind es vor allem, die das Zusammenleben der Menschen erschweren und dessen Fortdauer bedrohen;70 Einschränkung seiner Aggression ist das erste, vielleicht das schwerste Opfer, das die Gesellschaft vom Einzelnen zu fordern hat.“71 In Das Unbehagen in der Kultur (1930) führt Freud fort: „Diesem Programm der Kultur widersetzt sich aber der natürliche Aggressionstrieb der Menschen, die Feindseligkeit eines gegen alle und aller gegen einen. Dieser Aggressionstrieb ist der Abkömmling und Hauptvertreter des Todestriebes, den wir neben dem Eros gefunden haben, der sich mit ihm in die Weltherrschaft teilt.“72

4. Welchen argumentativen Nutzen hatte die These vom Todestrieb für Freud?

Dabei sei vorab klargestellt, dass die Fragestellung in dieser Unterüberschrift sich nur auf den Todestrieb im engeren Sinne (also der „Trieb zum eigenen Tod“), nicht aber auf den Aggressions-/Destruktionstrieb im allgemeinen Sinne beziehen soll.

a) Freud verteidigt seine zum „Todes- oder Destruktionstrieb“ entwickelten Auffassungen in Das Unbehagen in der Kultur (1930) mit dem Argument, diese seien „ theoretisch ungleich brauchbarer als alle möglichen anderen, sie stellen jene Vereinfachung ohne Vernachlässigung oder Vergewaltigung der Tatsachen her, nach der wir in der wissenschaftlichen Arbeit streben.“73 Er differenziert hierbei allerdings nicht zwischen dem Destruktions- bzw. Aggressionstrieb einerseits und dem Todestrieb i.e.S. andererseits, so dass offen bleibt, warum letzterer seines Erachtens als theoretischer Überbau für die Annahme eines anderenfalls originär neben oder gemeinsam mit dem Eros stehenden Aggressionstriebs notwendig ist.

Die o.g. Gedanken aus Jenseits des Lustprinzips führt Freud – nachdem er seine Idee des Todestriebes auch in dem Brief an Einstein im Jahr 1932 nochmals dargelegt hatte (s.o.) – bei der weiteren Erörterung in der 32. Vorlesung Angst und Triebleben der Neuen Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1933) nochmals aus, wobei er nunmehr allerdings nicht mehr deduktiv vom Todestrieb i.e.S. zum Aggressions- und Destruktionstrieb gelangt, sondern induktiv von letzteren, zu deren Überzeugung er aufgrund der „Würdigung der Phänomene des Sadismus und des Masochismus “ gekommen sei,74 auf einen Todestrieb i.e.S. schließt.75 Dies lässt – ebenso wie die dort auffallend vorsichtige Formulierung – vermuten, dass Freud seine Theorie vom Aggressionstrieb unabhängig von der These des Todestriebes machen wollte.

Schließlich75 setzte sich Freud mit dem Thema in Die endliche und unendliche Analyse (1937), dort im VI. Kapitel, auseinander: Die bei der analytischen Arbeit angetroffenen Phänomene – nämlich der Widerstand gegen den Genesungsprozess, die Erscheinungen des „immanenten Masochismus“ vieler Personen, die „negative therapeutische Reaktion“ und76 das „Schuldbewusstsein der Neurotiker“ – seien „unverkennbare Hinweise auf das Vorhandensein einer Macht im Seelenleben, die wir nach ihren Zielen Aggressions- oder Destruktionstrieb heißen und von dem ursprünglichen Todestrieb der belebten Materie ableiten. Ein Gegensatz einer optimistischen zu einer pessimistischen Lebenstheorie kommt nicht in Frage; nur das Zusammen- und Gegeneinanderwirken beider Urtriebe Eros und Todestrieb erklärt die Buntheit77 der Lebenserscheinungen, niemals einer von ihnen allein.“ Mit der apodiktischen Aussage im letzten Satz wird die zuvor feinsinnig getroffene Unterscheidung zwischen einer „Macht im Seelenleben, die wir nach ihren Zielen Aggressions- oder Destruktionstrieb heißen“ einerseits und deren bloßen Ableitung vom Todestrieb i.e.S. andererseits zwar wieder in den Hintergrund gedrängt. Jedenfalls hinsichtlich dieser Ableitung dürfte sich Freud allerdings bewusst gewesen sein, dass es sich eher um eine philosophische Weltanschauung mit „Anspruch auf Geschlossenheit und Systembildung“ als um eine These handelt, die nach den in seiner 35. Vorlesung postulierten, wissenschaftlichen Kriterien (s. Einleitung) entwickelt wurde.

b) Wenn die Philosophin Alenka Zupančič (die eher Jacques Lacan als Sigmund Freud folgt und die Funktion des Todestriebes darin sieht, „uns zu ermöglichen, anders zu sterben“, nämlich auf anderen Wegen als denjenigen, „die dem Organismus selbst inhärent sind“78 ) die Ausführungen Freuds in Jenseits des Lustprinzips dahingehend interpretiert, dass ein „ Primat des Todestriebe “ bestehe, die „»Lebenstriebe« (oder Selbsterhaltungstriebe) folglich keine affirmativen (und unmittelbaren) Lebenskräfte, sondern gegenüber dem primären Trieb des Lebens, d.h. dem Todestrieb, sekundäre Erscheinungen,“ seien79 und es auch keinen Kampf zwischen Lebens- und Todestrieben gebe, so könnte sie Freud missverstanden haben. Dieser führt zwar aus, dass die „Selbsterhaltungs-, Macht und Geltungstriebe“ – also die Ichtriebe, die er bereits früher im dualistischen Gegensatz zu den Sexualtrieben ansah – als „Partialtriebe, dazu bestimmt (sind), den eigenen Todesweg des Organismus zu sichern und andere Möglichkeiten der Rückkehr zum Anorganischen als die immanenten fernzuhalten“. Doch auch wenn Freud diese Ichtriebe nunmehr dem Todestrieb zuordnet, behält er den Gegensatz zwischen Todestrieb und Eros als „Lebenstrieb“ bei, wie seine Ausführungen am Ende des VI. Kapitels in Jenseits des Lustprinzips zeigen, in denen er die Wandlung seines Begriffsverständnisses – insbesondere die Verschiebung der „Ichtriebe“ – nochmals ausdrücklich klarstellt; daran hat er auch in allen seinen nachfolgenden Werken festgehalten.
c) Dem Soziologen und Psychoanalytiker Erich Fromm dürfte daher insoweit zu folgen sein, als er in Anatomie der menschlichen Destruktivität (1973, dort S. 33) zur Frage nach dem Grund für Freuds Annahme eines dem Eros entgegenstehenden Todestriebes dessen Neigung vermutete, „zu einer dualistischen Auffassung zu gelangen, in der zwei Grundkräfte einander gegenüberstehen. Bei dieser Dichotomie handelte es sich zunächst um die zwischen Selbsterhaltungstrieb und Libido und später um die zwischen Lebens- und Todestrieb. Freud bezahlte die Eleganz dieser Auffassung damit, dass er jede Leidenschaft einem der beiden Pole zuordnen musste und dass er auf diese Weise zusammenbrachte, was in Wirklichkeit nichts miteinander zu tun hatte.“
d) Erstaunlich ist, dass Freud sich, soweit ersichtlich, nicht mit der Frage auseinandersetzt, ob und inwieweit gerade der von ihm postulierte „Todes -Trieb “ i.e.S. seinen allgemeinen Kriterien des Triebes entspricht. Es versteht sich jedenfalls nicht von selbst, dass es sich um einen frei beweglichen, nach Abfuhr drängenden Nervenvorgang mit eine Reizquelle aus dem Körperinneren handelt, wenn der Todestrieb hergeleitet wird aus dem Wiederholungszwang zum Anorganischen, obgleich – so Freud – (1) die Trennung80 zwischen Anorganik und organischen Strukturen zu einem evolutionären Zeitpunkt erfolgte, als ein organischer „Körper“ erst im Entstehen begriffen war, und (2) Freud die Problematik der potentiellen Unsterblichkeit der den Vielzellern in der Evolution vorangegangenen Einzellern letztlich offen lässt.

Die Notwendigkeit der Erfüllung dieses von Freud angenommenen allgemeinen Trieb-Kriteriums, unter die der Todestrieb nur schwerlich zu fassen ist, entfällt nicht dadurch, dass Freud mit Blick auf den Todestrieb für alle Triebe das weitere Charakteristikum des „Wiederholungszwangs“ einführt. Umgekehrt ist letzter Aspekt auch nicht erkennbar notwendig, um die anderen Triebe wie Eros und den der Aggression zu erklären. Wie anhand der Argumentation Freuds in der 32. Vorlesung Angst und Triebleben der Neuen Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1933) zu ersehen ist, lässt sich das Gegen- und Zusammenspiel von Eros und Aggressions- bzw. Destruktionstrieb ohne den Todestrieb i.e.S. beschreiben und erklären.

e) Allerdings ist die Annahme einer tiefen Verwurzelung der Aggression ebenso wie die der sonstigen Selbsterhaltungs- und Sexualtriebe im Wesen des Menschen für Freud ein Grundbaustein seines Menschenbildes. So legt er die Relevanz primitiver egoistischer Triebe wie Eigensucht und Grausamkeit im Verhältnis zur Kulturgesellschaft bereits in dem im Jahr 1915 veröffentlichten Werk Zeitgemäßes über Krieg und Tod dar:

„In Wirklichkeit gibt es keine »Ausrottung« des Bösen. Die psychologische – im strengeren Sinne die psychoanalytische – Untersuchung zeigt vielmehr, dass das tiefste Wesen des Menschen in Triebregungen besteht, die elementarer Natur, bei allen Menschen gleichartig sind und auf die zielen. Diese sind an sich weder gut noch böse. Wir klassifizieren sie und ihre Äußerungen in solcher Weise, je nach ihrer Beziehung zu den Bedürfnissen und Anforderungen der menschlichen Gemeinschaft. Zuzugeben ist, dass alle die Regungen, welche von der Gesellschaft als böse verpönt werden – nehmen wir als Vertretung derselben die eigensüchtigen und die grausamen – sich unter diesen primitiven befinden.

Diese primitiven Regungen legen einen langen Entwicklungsweg zurück, bis sie zur Betätigung beim Erwachsenen zugelassen werden. Sie . täuschen die inhaltliche Verwandlung vor, als ob aus Egoismus – Altruismus, aus Grausamkeit – Mitleid geworden wäre. (…).

Erst nach Überwindung all solcher „Triebschicksale“ stellt sich das heraus, was man den Charakter eines Menschen nennt und was mit „gut“ oder „böse“ bekanntlich nur sehr unzureichend klassifiziert werden kann. Der Mensch ist selten im Ganzen gut oder böse, meist „gut“ in dieser Relation, „böse“ in einer anderen oder „gut“ unter solchen äußeren Bedingungen, unter anderen entschieden „böse“. (…) Die Umbildung der „bösen“ Triebe ist das Werk zweier im gleichen Sinne wirkenden Faktoren, eines inneren und eines äußeren. Der innere Faktor besteht in der Beeinflussung der bösen – sagen wir: eigensüchtigen – Triebe durch die Erotik, das Liebesbedürfnis des Menschen im weitesten Sinne genommen. Durch die Zumischung der erotischen Komponenten werden die eigensüchtigen Triebe in soziale umgewandelt. Man lernt das Geliebtwerden als einen Vorteil zu schätzen, wegen dessen man auf andere Vorteile verzichten darf. Der äußere Faktor ist der Zwang der Erziehung, welche die Ansprüche der kulturellen Umgebung vertritt und die dann durch die direkte Einwirkung des Kulturmilieus fortgesetzt wird. Kultur ist durch Verzicht auf Triebbefriedigung gewonnen worden und fordert von jedem neu Ankommenden, dass er denselben Triebverzicht leiste. Während des individuellen Lebens findet eine beständige Umsetzung von äußerem Zwang in inneren Zwang statt. Die Kultureinflüsse leiten dazu an, dass immer mehr von den eigensüchtigen Strebungen durch erotische Zusätze in altruistische, soziale verwandelt werden. Man darf endlich annehmen, dass aller innere Zwang, der sich in der Entwicklung des Menschen geltend macht, ursprünglich, d. h. in der Menschheitsgeschichte nur äußerer Zwang war. Die Menschen, die heute geboren werden, bringen ein Stück Neigung (Disposition) als ererbte Organisation mit, die auf leichte Anstöße hin diese Umwandlung durchführt. Ein anderes Stück dieser Triebumwandlung muss im Leben selbst geleistet werden. In solcher Art steht der einzelne Mensch nicht nur unter der Einwirkung seines gegenwärtigen Kulturmilieus, sondern unterliegt auch dem Einflüsse der Kulturgeschichte seiner Vorfahren.

Heißen wir die einem Menschen zukommende Fähigkeit zur Umbildung der egoistischen Triebe unter dem Einflüsse der Erotik seine Kultureignung, so können wir aussagen, dass dieselbe aus zwei Anteilen besteht, einem angeborenen und einem im Leben erworbenen, und dass das Verhältnis der beiden zueinander und zu dem unverwandelt gebliebenen Anteile des Trieblebens ein sehr variables ist. (…)

Die Triebregungen eines anderen Menschen sind unserer Wahrnehmung natürlich entrückt. Wir schließen auf sie und seinem Benehmen, welche wir auf Motive aus seinem Triebleben zurückführen. Ein solcher Schluss geht notwendigerweise in einer Anzahl von Fällen irre. Die nämlichen, kulturell „guten“ Handlungen können das eine Mal von „edlen“ Motiven herstammen, das andere Mal nicht. Die theoretischen Ethiker heißen nur solche Handlungen „gut“, welche der Ausdruck guter Triebregungen sind, den anderen versagen sie ihre Anerkennung. Die von praktischen Absichten geleitete Gesellschaft kümmert sich aber im Ganzen um diese Unterscheidung nicht; sie begnügt sich damit, dass ein Mensch sein Benehmen und seine Handlungen nach den kulturellen Vorschriften richte, und fragt wenig nach seinen Motiven.

Wir haben gehört, dass der äußere Zwang, den Erziehung und Umgebung auf den Menschen üben, eine weitere Umbildung seines Trieblebens zum Guten, eine Wendung vom Egoismus zum Altruismus herbeiführt. Aber dies ist nicht die notwendige oder regelmäßige Wirkung des äußeren Zwanges. Erziehung und Umgebung haben nicht nur Liebesprämien anzubieten, sondern arbeiten auch mit Vorteilsprämien anderer Art. Sie können also die Wirkung äußern, dass der ihrem Einflüsse Unterliegende sich zum guten Handeln im kulturellen Sinne entschließt, ohne. Der Erfolg wird im Groben derselbe sein; erst unter besonderen Verhältnissen wird es sich zeigen, dass der eine immer gut handelt, weil ihn seine Triebneigungen dazu nötigen, der andere nur gut ist, weil, solange und insoweit dies kulturelle Verhalten seinen eigensüchtigen Absichten Vorteile bringt. (…).

Die Kulturgesellschaft, die die gute Handlung fordert und sich um die Triebbegründung derselben nicht kümmert, hat also eine große Zahl von Menschen zum Kulturgehorsam gewonnen, die dabei nicht ihrer Natur folgen. Durch diesen Erfolg ermutigt, hat sie sich verleiten lassen, die sittlichen Anforderungen möglichst hoch zu spannen, und so ihre Teilnehmer zu noch weiterer Entfernung von ihrer Triebveranlagung gezwungen. Diesen ist nun eine fortgesetzte Triebunterdrückung auferlegt, deren Spannung sich in den merkwürdigsten Reaktions- und Kompensationserscheinungen kundgibt. Auf dem Gebiete der Sexualität, wo solche Unterdrückung am wenigsten durchzuführen ist, kommt es so zu den Reaktionserscheinungen der neurotischen Erkrankungen. Der sonstige Druck der Kultur zeitigt zwar keine pathologischen Folgen, äußert sich aber in Charakterverbildungen und in der steten Bereitschaft der gehemmten Triebe, bei passender Gelegenheit zur Befriedigung durchzubrechen. Wer so genötigt wird, dauernd im Sinne von Vorschriften zu reagieren, die nicht der Ausdruck seiner Triebneigungen sind, der lebt, psychologisch verstanden, über seine Mittel und darf objektiv als Heuchler bezeichnet werden, gleichgültig ob ihm diese Differenz klar bewusst worden ist oder nicht.81 Es ist unleugbar, dass unsere gegenwärtige Kultur die Ausbildung dieser Art von Heuchelei in außerordentlichem Umfange begünstigt. (…) Anderseits bietet die Aufrechterhaltung der Kultur auch auf so bedenklicher Grundlage die Aussicht, bei jeder neuen Generation eine weitergehende Triebumbildung als Trägerin einer besseren Kultur anzubahnen.“82

Auch angesichts dieser Ausführungen erschließt sich aus all den von Freud zwischenzeitlich gelieferten Begründungen nicht, warum für ihn philosophisch der Überbau eines Todestriebes „theoretisch ungleich brauchbarer als alle möglichen anderen“ Auffassungen für das Gegen- und Wechselspiel sowie das Ineinandergreifen von Eros und Aggressionstrieb sein soll.

II. Der feste Boden diesseits der Idee des „Todestriebes“

1. Die Entropie – ubiquitär, auch in der Biologie

Das Phänomen, das Freud mit dem „Todestrieb“ i.e.S., insbesondere mit der Idee, dass der „Lebensprozess des Individuums aus inneren Gründen zur Abgleichung chemischer Spannungen, das heißt zum Tode führt,“ zu beschreiben versuchte, war damals und ist heute naturwissenschaftlich in etwas anderer Form bekannt. Denn salopp gesprochen: „Hinter allem Verfall steckt das unaufhaltsame Anwachsen der Entropie.“83 Letztere ist Teil des vom Physiker Rudolf Clausius im Jahr 1850 initiierten und von Ludwig Boltzmann Ende des 19. Jahrhunderts ausgearbeiteten zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, wonach die Entropie, das Maß für den mikrophysikalischen Unordnungszustand, in einem geschlossenen System mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht abnehmen kann, in der Regel – außer bei reversiblen Prozessen, wo sie konstant bleibt – zunimmt.84 Dies gilt nicht nur im Bereich der Physik, sondern auch in dem der Biochemie. So heißt es etwa im Lexikon der Biologie hierzu: „Das Prinzip der Entropie zeigt sich auch an biologischen Phänomenen. Die Geschwindigkeit biochemischer Prozesse erhöht sich mit der Zunahme der Entropie, z.B. bei der Diffusion gelöster Substanzen oder der Spaltung von Molekülen. Der Begriff Entropie lässt sich auch auf den einzelnen Organismus anwenden. Ein biologischer Organismus kann als „Entropiepumpe“ angesehen werden, wobei die Entropie der Ausscheidungen größer als die der Nahrung ist und vielfältige Fließgleichgewichte (dynamisches Gleichgewicht) und Rückkopplungsmechanismen das Lebensgeschehen aufrechterhalten. Im Tod und in dessen Konsequenz bricht dieses Gefüge zusammen, wodurch sich die Gesamtentropie stark erhöht.“85 Anlässlich des Todestages von Boltzmann erläuterte Ulf von Rauchhaupt das Verhältnis von Entropie zu den Lebewesen anschaulich: „Um die Entropie irgendeines Körpers zu erniedrigen, muss man sie woandershin pumpen. Genau das tut jeder Organismus, von der Bazille bis zum Mammutbaum, um dem allgemeinen Verfall zu entgehen: Er sucht sich möglichst niederentropische86 Nahrung – Zucker, Pizza, Sonnenlicht – und entsorgt die Entropie in die Ausscheidungen. Denn im Unterschied zur Energie entsteht von Entropie ständig mehr, ganz von alleine, aus dem Nichts und bei fast allen Prozessen, die in der Natur ablaufen. Jede nicht perfekt isolierte Tasse mit heißem Kaffee, jeder Stern, jede Mikrobe produziert Entropie und müllt das Universum immer mehr damit zu. Zum Glück sprudelt die Entropie nicht überall gleichmäßig, andernfalls gäbe es keine Strukturen und folglich kein Leben. (…) Aber sage niemand, dass es seither [seit dem Urknall] nur bergab gegangen sei. Global gesehen, mag das so sein. Aber lokal hat der kosmische Entropie-Springbrunnen so manchen schönen Wirbel erzeugt: Alpenberge, Äpfel und liebe Mitbewohner voller Energie, um damit der Entropie Paroli zu bieten und zum Beispiel die Küche aufzuräumen.“87

Freud selbst war der Begriff der Entropie spätestens seit 1918 bekannt, er verwendete ihn88 im Zusammenhang mit der fehlenden Möglichkeit einer Rückbildung eines Geschehens, stellte ihn jedoch nicht in den Kontext zum Gedanken des Todestriebes.

Doch lässt sich mit dem Aspekt der letzten Endes unaufhaltsamen Zunahme der Entropie ein Todes- Trieb eines Lebewesens nicht begründen. Diese ist etwas in der Welt, dem jeder Organismus mit der Begründung und Aufrechterhaltung eines Fließgleichgewichts innerhalb der Grenzen seines Körpers für die Dauer seines kurzen Lebenszeitraum entgegentritt. Da die Zunahme der Entropie gesetzmäßig und ubiquitär ist, bedarf es neben dem „Eros“ keines Todes-Triebes im Inneren der Lebewesen, um – wie Freud sagt – „die Buntheit der Lebenserscheinungen“ zu erklären. Schon gar nicht passt hierzu Freuds Annahme, der Todes- Trieb sei ein „ dem belebten Organischen innewohnender Drang zur Wiederherstellung eines früheren Zustandes,89 den das Belebte unter dem Einflusse äußerer Störungskräfte aufgeben muss­te“. Es ist unverständlich, wieso die Lebewesen nach Freud den Zustand der Anorganik wegen äußerer Störungskräfte aufgeben mussten. Allenfalls könnte man davon sprechen, dass die universale Zunahme der Entropie durch das Leben an sich, nämlich durch dessen hohen Organisationsgrad mit einem Fließgleichgewicht, „gestört“ wurde.90 Doch die Tendenz der Entropie ist geduldig: Sobald die Kraft des „Eros“ erschlafft, wirkt der zweite Grundsatz der Thermodynamik so unvermindert fort, als wäre die Verzögerung durch das individuelle Leben nie gewesen.

Diese Betrachtungsweise mindert allerdings nicht den ansonsten zutreffenden Gedanken Freuds im Anschluss an August Weismann, dass bei uns Vielzellern nur mit der Fortsetzung der Keimbahn die Möglichkeit eröffnet wird, dem fortlaufenden Verfall der Individuen durch den Erhalt der im Genom der Keimzelle enthaltene strukturelle Organisationsform seiner Art noch ein wenig länger entgegen zu wirken, wobei im Falle der geschlechtlichen Fortpflanzung lediglich die Chancen seiner künftigen Anpassungsfähigkeit an veränderte Umstände durch die Meiose (also die Halbierung des Genoms zum Zwecke der Vermischung mit einem ebenfalls halbierten Genom) verbessert ist.

2. Die Aggression

Die an Freuds Triebmodell in den letzten 100 Jahren geäußerte Kritik91 richtete sich häufig gar nicht speziell gegen die Annahme eines Todes triebes i.e.S., sondern insbesondere gegen die Annahme eines Aggressions- bzw. Destruktions triebes und gegen das dahinter stehende, schon 1915 in Zeitgemäßes über den Krieg und den Tod (s.o.) zum Ausdruck gekommene, pessimistische Menschenbild Freuds.

Vermeintlich die dezidierteste Gegenposition dürfte von Erich Fromm in Anatomie der menschlichen Destruktivität (engl. 1973/dt. 1999) formuliert worden sein, der darin ein bekennend positives, pazifistisch motiviertes Menschenbild vertritt und sich in Bezug auf die Aggression v.a. gegen das hydraulische Instinktmodell des Biologen Konrad Lorenz wendet. Die Unterschiede zwischen der Auffassung von Fromm und der von Freud sind allerdings viel geringer als gemeinhin angenommen.

Denn auch Fromm kommt zum Ergebnis, dass lediglich die „Destruktivität und Grausamkeit keine instinktiven Triebe, sondern Leidenschaften sind, die in der Gesamtexistenz des Menschen wurzeln“92, nämlich in seinem Charakter als „Ergebnis der Interaktion von Instinkt und Umwelt“ – also nicht bei allen Menschen vorliegen.93 Demgegenüber lässt er keinen Zweifel daran, dass die (nach Freuds Tod gemachten) experimentellen neurophysiologischen Entdeckungen gültig genug seien, „um uns wichtige Hinweise zum Verständnis einer bestimmten Art der Aggression, nämlich der defensiven Aggression, zu liefern, wenn sie auch neu formuliert und in eine umfassendere Struktur integriert werden könnten.“94 Auch nach Fromm bleibt die „fundamentale Tatsache (…) bestehen, dass das Gehirn von Tieren und Menschen eingebaute neuronale Mechanismen besitzt, welche ein aggressives Verhalten (oder Flucht) mobilisieren als Reaktion auf eine Bedrohung des Lebens eines Individuums oder der Art und dass diese Art der Aggression biologisch angepasst ist und dem Leben dient.“95 Für Fromm, der daneben als sog. „Pseudo­‑Aggression“ die „ Aggression als Selbstbehauptung “, „die darauf abzielt, sich durchzusetzen“ als notwendige „Grundeigenschaft“ des Menschen ansieht,96 ist die darüber hinausgehende gewaltsame defensive Aggression viel umfassender als die bloße Verteidigung gegen einen gegenwärtigen Angriff und umfasst fast sämtliche Formen ernsthafter Fremdaggression: die präventive Aggression, die eingesetzt wird, um etwaigen, ggf. nur eingebildeten oder von Dritten eingeredeten künftigen Bedrohungen wirksam zu begegnen,97 Aggression gegen Beeinträchtigungen sämtlicher vitaler Interessen eines Menschen, zu denen auch der Erhalt seines ideellen „Orientierungsrahmens“ gehört, so dass schon der Widerspruch gegen eine als „heilig empfundene“ Idee oder für wertvoll erachtete Gewohnheit98 ebenso wie etwa gekränkter individueller Narzissmus oder Gruppennarzissmus99 ausreicht,um die von Fromm als angeboren-triebhaft angesehene Aggression auszulösen.

Dass damit faktisch der Großteil der individuellen Aggressionen umfasst ist, wird auch daraus deutlich, dass Fromm die Situation des zivilisierten Menschen einem Leben in Gefangenschaft („im Zoo“ entgegen einem Leben im natürlichen Habitat) und mit einem regelmäßig fortdauernden Mangel an ihm angemessenen sozialen Strukturen, v.a. in der sog. Anomie der Industriegesellschaft, gleichsetzt, die per se eine verstärkte Aggression mit sich bringen;100 Fromm stellt dabei auch nicht in Frage, dass männliche Hormone wie Testosteron das Aggressionsniveau (die Dominanz) zusätzlich anheben bzw. die Schwelle für den die Aggression auslösenden Reiz herabsetzten.101

Von der defensiven Aggression grenzt Fromm lediglich die spezifisch menschlichen, insbesondere intellektuell und von der Sozialisation geprägten Aggressionsformen ab, nämlich die konformistische Aggression, die ausgeübt wird, weil eine Autorität das Individuum hierzu anweist,102 die instrumentelle Aggression, also diejenige, die als Gewaltmittel eingesetzt wird, um ein – etwa aus persönlicher Gier bzw. aus militärischen oder politischen Gründen – angestrebtes Ziel zu erreichen,103 und v.a. die destruktive Aggression. Hierunter fällt nach Fromm die „effektiv weit verbreitete“104 Grausamkeit aus Rache, ferner die ekstatische Destruktivität105, der Sadismus („die Leidenschaft, absolute und uneingeschränkte Herrschaft über ein lebendes Wesen auszuüben“)106 und die (charakterlich bedingte, psychopatho-logische) Nekrophilie; letztere definiert Fromm „als das leidenschaftliche Angezogenwerden von allem, was tot, vermodert, verwest und krank ist; sie ist die Leidenschaft, das, was lebendig ist, in etwas Unlebendiges umzuwandeln; zu zerstören um der Zerstörung willen; das ausschließliche Interesse an allem, was rein mechanisch ist. Es ist die Leidenschaft, lebendige Zusammenhänge mit Gewalt entzweizureißen“.107

Fromm fasst seine Auffassung wie folgt zusammen: „Die biologisch adaptive Aggression ist eine Reaktion auf eine Bedrohung der vitalen Interessen; sie ist phylogenetisch programmiert; sie ist Tieren und Menschen gemeinsam; sie ist nicht spontan und steigert sich nicht von selbst, sondern sie ist reaktiv und defensiv; sie zielt darauf ab, die Bedrohung zu beseitigen, indem sie sie entweder vernichtet oder ihre Ursache beseitigt. Die biologisch nichtadaptive, bösartige Aggression, das heißt die Destruktivität und Grausamkeit, stellt keine Verteidigung gegen eine Bedrohung dar; sie ist nicht phylogenetisch programmiert; sie kennzeichnet allein den Menschen; sie ist biologisch schädlich, weil sie sozial zerstörerisch wirkt; ihre Hauptmanifestationen – Mord und Grausamkeit – sind lustvoll, ohne dass sie einem anderen Zweck zu dienen brauchen; sie ist nicht nur schädlich für denjenigen, der angegriffen wird, sondern auch für den Angreifer. Die bösartige Aggression ist zwar kein Instinkt, sie ist aber ein menschliches, in den Bedingungen der menschlichen Existenz selbst verwurzeltes Potenzial.“108

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob das zuletzt genannte „Potenzial“ nicht ebenso wie die (angebliche Pseudo-)„Aggression als Selbstbehauptung“ und die (vermeintlich) „defensive“ Aggression trotz der von Fromm meist plausibel aufgezeigten Unterschiede bei der Entstehung109 und Ausprägung der einzelnen Aggressionsformen nicht möglicherweise doch auf eine bisher nicht näher bestimmte, einheitliche Basis in der Natur des Menschen zurückgeführt werden kann, wie sie Freud mit dem Todestrieb im weiteren Sinne erfassen wollte.

Für eine einheitliche Basis könnten zumindest die erst nach den 60er Jahren näher, insbesondere mit den Möglichkeiten der MRT110 am lebenden Patienten erforschten neuronalen Strukturen des menschlichen Gehirns sprechen. Der Neurowissenschaftler R. Douglas Fields führt hierzu einleitend in Die Wurzeln der Aggression (2020) aus: „Viele Tierarten leben in Gemeinschaft. Aggressives Verhalten dient hier dazu, die soziale Ordnung zu wahren oder wiederherzustellen. (…) Bei uns Menschen sollen (…) Geldstrafen, Freiheitsentzug oder das Aberkennen von Privilegien das Zusammenleben regeln. Körperliche Gewalt anzuwenden, ist also immer auch riskant. Bevor ein Mensch zu diesem Mittel greift, werden verschiedene Hirnregionen aktiviert, die sich über weite Teile des Gehirns erstrecken. (…) Mit einer Dicke von lediglich drei Millimetern stellt die Rinde [Großhirnrinde] das Zentrum für höhere kognitive Funktionen dar – die Quintessenz unseres menschlichen Wesens. (…)“111 Der vordere Teil hiervon, nämlich der „präfrontale Kortex kann das limbische System sowohl hemmen als auch anregen und damit einen aggressiven Impuls unterdrücken oder einen Angriff initiieren.“112 Neben der schon zuvor bekannten Bedeutung der Amygdala, des Hypothalamus und des Septums, das nicht nur bei Wutausbrüchen, sondern auch beim Sex, bei erfolgreicher Verteidigung des Nachwuchses und „anderen Belohnungen“ aktiv ist, weist Fields auch auf Aspekte hin, die Fromm im Jahr 1973 wohl noch nicht bekannt waren: „Ebenfalls Teil des Aggressionsschaltkreises ist das Belohnungssystem des Gehirns, zu dem unter anderem das Striatum und der Nucleus accumbens gehören. Diese Tatsache kann verschiedene Formen aggressiven Verhaltens wie Mobbing oder psychopathische Gewalt erklären. Gewalt kann Gefühle von Überlegenheit und Dominanz erzeugen und Freude bereiten.“ (…) „Studien des Neurowissenschaftlers David Anderson vom California Institute of Technology haben gezeigt, dass die gleichen neuronalen Netzwerke an so gegensätzlichen Gefühlen wie Liebe und Hass beteiligt sind. Sowohl aggressives Verhalten als auch der Geschlechtsakt rufen starke Erregungszustände hervor und – bei Erfolg – intensive Belohnungsgefühle. Und sie werden beide von ähnlichen Umwelteinflüssen und inneren Körperzuständen beeinflusst.“113 Dies spricht nicht nur für die o.g. gemeinsame Basis von defensiven und destruktiven Aggression, sondern auch gegen den von Freud anfangs und zuletzt angenommenen Dualismus der Triebe und für den zwischenzeitlich von ihm vertretenen Monismus, bestehend aus Ich- und Sexualtrieben.

Auch in der modernen Psychologie wird nicht im Sinne Fromms differenziert, wenn vom empirisch ermittelbaren D-Faktor, der »Dunklen Triade der Persönlichkeit« als „äußerst stabiles Persönlichkeitsmerkmal“ aus dem Zusammenspiel von Genen und Umweltfaktoren mit den drei wesentlichen Merkmale Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie, ausgegangen wird, der besonders enge Zusammenhänge zwischen Egoismus, Gehässigkeit, Machiavellismus, moralische Enthemmung, Narzissmus, Psychopathie und Sadismus aufweist.114

Bis heute wird von namhafter psychiatrischer Seite elementares freudsches Gedankengut vertreten, wenn es etwa bei dem forensischen Psychiater Hans-Ludwig Kröber in Gewalt ist ein Teil unserer Natur (2020): „Gewalt und Macht auszuüben, prägte unsere Spezies von Grund auf. Sie ist ein Teil der menschlichen Natur, die Entwicklungsgeschichte von Homo sapiens ist seit Zehntausenden von Jahren geprägt durch Kampf und Töten. (…). Etwas als »böse« zu bezeichnen, dient uns oft dazu, es weit wegzuschieben, so als hätte das nichts mit uns zu tun. Doch das ist ein Irrtum.“115

Das, was Freud über die Aggression des Individuums und ihr Verhältnis zur Zivilisation, insb. zur (teils angeborenen, teils erworbenen) „Kultureignung“, zur sog. „Triebveredlung“, zum „Kulturgehorsam“ und zur Verinnerlichung der Aggression durch das Über-Ich in Form des Gewissens ausführt, gilt jedenfalls bis heute v.a. für die von Fromm gesonderte „Aggression als Selbstbehauptung“ und die oben genannten weiten Formen der „defensiven Aggression“, ohne dass es entscheidend auf die lustvollen Formen der destruktiven Aggression ankäme.

III. Die Bedeutung des „Aggressionstriebs“ insbesondere in der Philosophie

1. Philosophisch gesehen waren die von Freud116 behandelten Aspekte nicht neu, sondern schlossen insbesondere an die von Kant, Schopenhauer und Nietzsche erörterten Betrachtungen an.

Allerdings dürfte sich dies weniger auf die Stelle beziehen, an der Freud in Jenseits des Lustprinzips (1920) im Zusammenhang mit dem Todestrieb auf Arthur Schopenhauer Bezug nimmt, für den aus Sicht Freuds „ja der Tod das eigentliche Resultat und insofern der Zweck des Lebens ist, der Sexualtrieb aber die Verkörperung des Willens zum Leben.“ Mit dieser Aussage wäre die Philosophie Schopenhauers nicht nur sehr verkürzt, sondern auch (v.a. mit der Formulierung „Zweck des Lebens“117 ) verzerrt dargestellt.

Schopenhauer bereitet den Weg Freuds jedoch in der Tat vor, indem er ebenfalls den Fokus auf das Unbewusste, nämlich die Blindheit des unvergänglichen Willens zum Leben im Gegensatz zur faktisch untergeordnete Bedeutung des individuellen – und daher sterblichen – intellektuellen Bewusstseins setzt. So führt Schopenhauer 75 Jahre vor Freud in seiner Ergänzung zum vierten Buch aus Die Welt als Wille und Vorstellung, dort im 41. Kapitel Über den Tod und sein Verhältniß zur Unzerstörbarkeit unsers Wesens an sich aus: „Alle Philosophen haben darin geirrt, daß sie das Metaphysische, das Unzerstörbare, das Ewige im Menschen in den Intellekt setzten: es liegt ausschließlich im Willen, der von jenem gänzlich verschieden und allein ursprünglich ist.“118 Der in dieser Aussage enthaltene Kern ist auch eine Basis der Freudschen Weltanschauung.

Schon Ende des 18. Jahrhunderts nennt Immanuel Kant, für den indes nicht die zwei nachfolgend zitierten biologisch-deterministischen Aspekte, sondern der für die Zurechnung relevante dritte Bereich des moralisch Bösen bei der subjektiven Persönlichkeitsentwicklung im Vordergrund steht, in Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (1793) zwei natürliche Anlagen des Menschen, zum einen: „Die Anlage für die Tierheit im Menschen kann man unter dem allgemeinen Titel der physischen und bloß mechanischen Selbstliebe, d.i. einer solchen bringen, wozu nicht Vernunft erfordert wird. Sie ist dreifach: erstlich, zur Erhaltung seiner selbst; zweitens, zur Fortpflanzung seiner Art, durch den Trieb zum Geschlecht, und zur Erhaltung dessen, was durch Vermischung mit demselben erzeugt wird; drittens, zur Gemeinschaft mit andern Menschen, d.i. der Trieb zur Gesellschaft.“ Zum anderen der Aspekt des Wetteiferns zwischen den Menschen: „Die Anlagen für die Menschheit können auf den allgemeinen Titel der zwar physischen, aber doch vergleichenden Selbstliebe (wozu Vernunft erfordert wird) gebracht werden; sich nämlich nur in Vergleichung mit andern als glücklich oder unglücklich zu beurteilen.“ Zu beiden Aspekten führt Kant, der zu jedem Teilbereich auch damit jeweils regelmäßig verknüpfte Laster benennt, zusammenfassend aus: „Alle diese Anlagen im Menschen sind nicht allein (negativ) gut (sie widerstreiten nicht dem moralischen Gesetze), sondern sind auch Anlagen zum Guten (sie befördern die Befolgung desselben). Sie sind ursprünglich; denn sie gehören zur Möglichkeit der menschlichen Natur. Der Mensch kann die zwei ersteren [Anm.: gemeint sind die mechanische und die vergleichende Selbstliebe] zwar zweckwidrig brauchen, aber keine derselben vertilgen.“119 Mit der kantschen Erörterung der menschlichen Anlagen und des Triebes zum Bösen setzt sich Freud allerdings nicht auseinander.

Der eigentliche Wegbereiter Freuds dürfte vielmehr Friedrich Nietzsche, v.a. dessen Genealogie der Moral (1887), gewesen sein. Freud nennt Nietzsche in seinem Gesamtwerk wiederholt, ohne auf seine Ausführungen im Zusammenhang mit dem Aggressions- und Destruktionstrieb einzugehen, obgleich sich dies angeboten hätte. Denn das, was für Freud die Verdrängung war, war für Nietzsche die „Vergeßlichkeit“ als „aktives, im strengsten Sinne positives Hemmungsvermögen“: „Die Türen und Fenster des Bewußtseins zeitweilig schließen; von dem Lärm und Kampf, mit dem unsre Unterwelt von dienstbaren Organen für- und gegeneinander arbeitet (…)“, für ihn war diese Vergesslichkeit die „Aufrechterhalterin der seelischen Ordnung“.120 Dieser „Vergesslichkeit“ stellte Nietzsche das „ Gewissen “ gegenüber als ursprünglich kulturell – „mit Hilfe der Sittlichkeit der Sitte und der sozialen Zwangsjacke“ sowie der „Mnemotechnik“ („nur was nicht aufhört wehzutun, bleibt im Gedächtnis“) – herangezüchtete, dann aber „zum dominierenden Instinkt“ des „souveränen Menschen“ gewordene Verantwortlichkeit für ein „Versprechen“;121 denn das Bewusstsein bzw. das Gefühl der Schuld sieht Nietzsche auf der Grundlage eines Vertragsverhältnisses von Gläubiger und Schuldner: „Vermittelst der »Strafe« am Schuldner nimmt der Gläubiger an einem Herren-Rechte teil: endlich kommt auch er einmal zu dem erhebenden Gefühle, ein Wesen als ein »Unter-sich« verachten und mißhandeln zu dürfen – oder wenigstens, im Falle die eigentliche Strafgewalt, der Strafvollzug schon an die »Obrigkeit« übergegangen ist, es verachtet und mißhandelt zu sehen. Der Ausgleich besteht also in einem Anweis und Anrecht auf Grausamkeit.“122 Nietzsche fragt, inwiefern „kann Leiden eine Ausgleichung von »Schulden« sein? Insofern Leiden- machen im höchsten Grade wohltat, insofern der Geschädigte für den Nachteil, hinzugerechnet die Unlust über den Nachteil, einen außerordentlichen Gegen-Genuß eintauschte: das Leiden- machen – ein eigentliches Fest (…)“ „…; wie naiv andrerseits, wie unschuldig ihr Bedürfnis nach Grausamkeit auftritt, wie grundsätzlich gerade die »uninteressierte Bosheit« (oder, mit Spinoza zu reden, die sympathia malevolens) von ihr als normale Eigenschaft des Menschen angesetzt wird –: somit als etwas, zu dem das Gewissen herzhaft Ja sagt! “ Nietzsche spricht insoweit von der immer wachsenden „Vergeistigung und »Vergöttlichung« der Grausamkeit (…), welche sich durch die ganze Geschichte der höheren Kultur hindurchzieht.“123 „Vielleicht ist es sogar erlaubt, die Möglichkeit zuzulassen, daß auch jene Lust an der Grausamkeit eigentlich nicht ausgestorben zu sein brauchte: nur bedürfte sie, im Verhältnis dazu, wie heute der Schmerz mehr wehtut, einer gewissen Sublimierung und Subtilisierung, sie müßte namentlich ins Imaginative und Seelische übersetzt auftreten (…)“124

Nietzsche stellt dem Geist des Ressentiments (Rache, Hass, Neid, Missgunst, Argwohn, Ranküne als reaktive Affekte) die „eigentlich aktiven Affekte, wie Herrschsucht, Habsucht und dergleichen“ gegenüber.125 Insoweit führt er aus: „Tatsächlich hat deshalb zu allen Zeiten der aggressive Mensch, als der Stärkere, Mutigere, Vornehmere, auch das freiere Auge, das bessere Gewissen auf seiner Seite gehabt: umgekehrt errät man schon, wer überhaupt die Erfindung des »schlechten Gewissens« auf dem Gewissen hat – der Mensch des Ressentiment!“126 Denn „ an sich kann natürlich ein Verletzen, Vergewaltigen, Ausbeuten, Vernichten nichts »Unrechtes« sein, insofern das Leben essentiell, nämlich in seinen Grundfunktionen verletzend, vergewaltigend, ausbeutend, vernichtend fungiert und gar nicht gedacht werden kann ohne diesen Charakter. Man muß sich sogar noch etwas Bedenklicheres eingestehn: daß, vom höchsten biologischen Standpunkte aus, Rechtszustände immer nur Ausnahme-Zustände sein dürfen, als teilweise Restriktionen des eigentlichen Lebenswillens, der auf Macht aus ist, und sich dessen Gesamtzwecke als Einzelmittel unterordnend: nämlich als Mittel, größere Macht-Einheiten zu schaffen.“127 Schließlich meint Nietzsche: „Man stellt dagegen unter dem Druck jener Idiosynkrasie [= die „demokratische Idiosynkrasie {Überempfindlichkeit oder besonders starke Abneigung oder Widerwillen} gegen alles, was herrscht und herrschen will“128 ] die »Anpassung« in den Vordergrund, das heißt eine Aktivität zweiten Ranges, eine bloße Reaktivität , ja man hat das Leben selbst als eine immer zweckmäßigere innere Anpassung an äußere Umstände definiert (Herbert Spencer). Damit ist aber das Wesen des Lebens verkannt, sein Wille zur Macht; damit ist der prinzipielle Vorrang übersehn, den die spontanen, angreifenden, übergreifenden, neu-auslegenden, neu-richtenden und gestaltenden Kräfte haben, auf deren Wirkung erst die »Anpassung« folgt; (…)“.129 „Das, was durch die Strafe im großen erreicht werden kann, bei Mensch und Tier, ist die Vermehrung der Furcht, die Verschärfung der Klugheit, die Bemeisterung der Begierden: damit zähmt die Strafe den Menschen, aber sie macht ihn nicht »besser« – man dürfte mit mehr Recht noch das Gegenteil behaupten.“130 „Ich nehme das schlechte Gewissen als die tiefe Erkrankung, welcher der Mensch unter dem Druck jener gründlichsten aller Veränderungen verfallen mußte, die er überhaupt erlebt hat – jener Veränderung, als er sich endgültig in den Bann der Gesellschaft und des Friedens eingeschlossen fand. (…) – und dabei hatten jene alten Instinkte nicht mit einem Male aufgehört, ihre Forderungen zu stellen! Nur war es schwer und selten möglich, ihnen zu Willen zu sein: in der Hauptsache mußten sie sich neue und gleichsam unterirdische Befriedigungen suchen. Alle Instinkte, welche sich nicht nach außen entladen, wenden sich nach innen – dies ist das, was ich die Verinnerlichung des Menschen nenne: damit wächst erst das an den Menschen heran, was man später seine »Seele« nennt. Die ganze innere Welt, ursprünglich dünn wie zwischen zwei Häute eingespannt, ist in dem Maße auseinander- und aufgegangen, hat Tiefe, Breite, Höhe bekommen, als die Entladung des Menschen nach außen gehemmt worden ist. Jene furchtbaren Bollwerke, mit denen sich die staatliche Organisation gegen die alten Instinkte der Freiheit schützte – die Strafen gehören vor allem zu diesen Bollwerken –, brachten zuwege, daß alle jene Instinkte des wilden freien schweifenden Menschen sich rückwärts, sich gegen den Menschen selbst wandten. Die Feindschaft, die Grausamkeit, die Lust an der Verfolgung, am Überfall, am Wechsel, an der Zerstörung – alles das gegen die Inhaber solcher Instinkte sich wendend: das ist der Ursprung des »schlechten Gewissens«.“131 Ferner: „ … und eins weiß man hinfort (…) welcher Art nämlich von Anfang an die Lust ist, die der Selbstlose, der Sich-selbst-Verleugnende, Sich-selber-Opfernde empfindet: diese Lust gehört zur Grausamkeit. – Soviel vorläufig zur Herkunft des »Unegoistischen« als eines moralischen Wertes und zur Absteckung des Bodens, aus dem dieser Wert gewachsen ist: erst das schlechte Gewissen, erst der Wille zur Selbstmißhandlung gibt die Voraussetzung ab für den Wert des Unegoistischen.“132 Nietzsche fasst dies wie folgt zusammen: „jener Wille zur Selbstpeinigung, jene zurückgetretene Grausamkeit des innerlich gemachten, in sich selbst zurückgescheuchten Tiermenschen, des zum Zweck der Zähmung in den »Staat« Eingesperrten, der das schlechte Gewissen erfunden hat, um sich wehzutun, nachdem der natürlichere Ausweg dieses Weh-tun-wollens verstopft war (…)“.133

2. Es erscheint unwahrscheinlich, dass dieses Gedankengut Nietzsches keinen entsprechenden Einfluss auf Freud hatte, insbesondere auf seine Vorstellung von der Wechselwirkung zwischen der Aggression des Individuums, den sich in der Gemeinschaft hiergegen entwickelnden Widerständen und der Verinnerlichung derselben durch das Über-Ich in Form des Gewissens.

Fromm sah die Bedeutung Freuds für die Psychoanalyse und die Soziologie wie folgt: „Epochemachend an Freuds Entdeckungen war, dass er den Schlüssel zum Verständnis des Systems von Kräften, welche das menschliche Charaktersystem ausmachen, sowie zu den in diesem System vorhandenen Widersprüchen gefunden hat. Die Entdeckung der unbewussten Prozesse und der dynamischen Charakterauflassung war radikal, weil sie bis zu den Wurzeln menschlichen Verhaltens vordrang.“134 Während die von Freud entwickelten Begriffe zu dem im Vordergrund stehenden Sexualtrieb von der Konsumgesellschaft alsbald adaptiert worden seien, sei die „ Aufdeckung verdrängter Charaktereigenschaften wie Narzissmus, Sadismus, Streben nach Allmacht, Unterwürfigkeit, Entfremdung, Indifferenz, unbewussten Verrat an der eigenen Integrität, die illusorische Natur des Realitätsbegriffs, das alles in sich selbst, im Gesellschaftssystem, in Führern zu entdecken, (…) < gesellschaftliches Dynamit >.“135

Durch die psychiatrisch-psychologische Interpretation und Weiterentwicklung der o.g. philosophisch bereits vorbestehenden Gedanken gewannen diese, trotz der o.g. – sicherlich teilweise berechtigten – Einwände seitens seiner Berufskollegen eine ganz andere Bedeutung und Reichweite mit einer Ausstrahlung in eine Vielzahl von gesellschaftlichen Bereichen. Hierzu schreibt der Historiker Christoph Stölzl: „Freuds Werk, die Psychoanalyse, mochte noch so umstritten sein, über ihre epochale Bedeutung war man sich einig. Vor allem die Menschen aus der Kultur, weniger jene aus dem Reich der exakten Naturwissenschaften, stehen seit einem Jahrhundert Spalier, wenn es darum geht, Freud zu ehren. Im frisch erschienenen Buch Sigmund Freud von Micha Brumlik steht: Er ‚schuf nicht mehr und nicht weniger als eine neue Anthropologie, eine neue Lehre vom Menschen, die universale und überzeitliche Gültigkeit beanspruchen muss‘.“ Schließlich führt Stölzl zur Frage, was von Freud bleibt, an: „Da ist, selten als Freud-Folge bemerkt, ein gewandeltes Rechtsgefühl. Die Relativierung des autonomen, aus überlegtem freien Willen allzeit verantwortlich handelnden Individuums durch die Freudsche Lehre hat ihre tiefsten Spuren bis heute im Strafrecht hinterlassen. Seit Freuds Theorie vom unverantwortlich antreibenden Es zum Standard unserer Vorstellung vom Menschen gehört, ist die psychologische Autopsie des Verbrechens eine herausfordernde Aufgabe für alle am Gerechtigkeitsprozess Beteiligten geworden.“136

Im Hinblick auf Immanuel Kants Annahme eines im Menschen verwurzelt (=radikalen) Bösen schreibt Bettina Stangneth in Böses Denken (2018), es sei für Kant „selbstverständlich, dass der Mensch nicht nur das Ziel kennt, ein moralisches Wesen zu sein, sondern dann auch leben, also sich durch Ernährung und Fortpflanzung erhalten muss wie jedes andere Lebewesen auch und außerdem überleben will, also durch das möglichst geschickte Einsetzen aller Mittel in der Auseinandersetzung mit anderen nicht zu kurz kommen möchte. Wer anderes vom Menschen verlangte, fordert nicht weniger als dessen Selbstvernichtung – eine Zielvorstellung, deren Absurdität dennoch ganze Generationen von Heilsbringern nicht davon abhalten konnte, zu verkünden, dass das Himmelreich auf Erden schon kommen würde, wenn der Mensch sich nur abgewöhnen könnte, Mensch zu sein.“137 Im Zusammenhang mit dem organisierten Massenmord in Konzentrationslagern durch Täter mit „konsequentem Anstand“ schreibt Stangneth: „Die Vorstellung des 19. Jahrhunderts, im Bürgertum den idealen Zustand gefunden zu haben, in den letztlich jeder Mensch hinein will, so dass Gewalt nur noch als vorgesellschaftliche Unterentwicklung oder als Rückfall in die Tierheit möglich ist, entlarvte sich selber als brutale Selbstgefälligkeit. Das Gruppenbewusstsein, ein Club der Anständigen zu sein, der aus sich heraus keine Gewalt hervorbringen könnte, sich also nur im Fall von Notwehr gegen die wehrt, die das Leben in der Ordnung nicht zu schätzen wüssten, schuf statt der Gewaltlosigkeit eine Legitimation zu Gewaltmitteln unter dem Deckmantel der Sanktion und der Selbstverteidigung. (…) Schon Sigmund Freud warnte ausdrücklich vor den gefährlichen Folgen dieser Illusion und beschrieb bekanntlich mit gnadenlosem Blick Das Unbehagen in der Kultur, also auch die besondere Selbstermächtigung zur Gewalt, die nicht etwa die Kultur bedroht, sondern aus ihr und dem Wunsch der Regulierung hervorgeht. «Es ist immer möglich, eine größere Menge von Menschen in Liebe aneinander zu binden, wenn nur andere für die Äußerung der Aggression übrigblieben.»“138

In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn Freud 1915 – wie bereits oben zitiert – zur Aggression in Form des Eigennutzes (bzw. der Selbstbehauptung i.S.v. Fromm) und der Grausamkeit schreibt: „In Wirklichkeit gibt es keine »Ausrottung« des Bösen.“ Diese ebenso plakative wie provokante Aussage hat er in seinen Schriften der nächsten zwei Jahrzehnte überzeugend begründet. Dies mag ein wesentlicher Aspekt dafür gewesen sein, dass Freud in der 35. Vorlesung aus Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse (1933) nur geringe Hoffnung auf eine „durchgreifende Änderung der sozialen Ordnung“, bei der „nicht nur die materielle Not der Massen verbannt, sondern auch die kulturellen Ansprüche des Einzelnen erhöht“ sein würden. Denn: „Mit den Schwierigkeiten, welche die Unbändigkeit der menschlichen Natur jeder Art von sozialer Gemeinschaft bereitet, werden wir freilich auch dann noch unabsehbar lange zu ringen haben.“139 Vielleicht ist auch diese vorsichtig-pessimistische Weltanschauung ein Grund, warum das Werk Freuds bis heute als epochal für das 20. Jahrhundert angesehen wird.

C. Schluss

Die freudsche Annahme eines Todes-Triebes ist – entgegen der pauschalen Verwerfung durch seine Kritiker140 – nur insoweit ein „Irrweg“, als dieser über den Aggressionstrieb hinausgeht.

Denn Freuds Annahme eines Todestriebes i.e.S. ist zwar einerseits keine wissenschaftliche – schon gar nicht falsifizierbare141 – Theorie, sondern ein weltanschaulicher (und m.E. verzichtbarer) Überbau, den er letztlich aus einem klinisch festgestellten (Fremd- und Auto-)„Aggressionstrieb“ induktiv herleitet. Der Todestrieb findet zwar in der Physik eine Entsprechung im zweiten Hauptsatz der Thermodynamik mit der letztlich unaufhaltsamen, universalen Zunahme der Entropie, lässt sich aber nicht als Quelle innerer Erregung eines Organismus, also nicht als Trieb begreifen.

Die vom Todestrieb i.e.S. trennbare Idee des „ Aggressionstriebes “ bewegt sich andererseits nicht nur in einem philosophisch vorgeprägten Flussbett, etwa der Genealogie der Moral Nietzsches, sondern lässt sich auch aus heutiger neurowissenschaftlicher und psychologischer Perspektive begründen, obgleich Erich Fromm darin beizupflichten ist, dass einige – insb. die lustvoll destruktiven – Formen der Aggression besser nicht als Trieb oder Instinkt, sondern als ein in den Bedingungen der menschlichen Existenz selbst verwurzeltes Potenzial anzusehen sind, das erst durch /individuelle Charakterentwicklung zum Tragen kommt. Angesichts der – begrenzten – Einwirkungsmöglichkeit auf diese Charakterentwicklung ist die Anerkennung eines solchen Potentials kein Fatalismus. Sich des bei jedem Menschen bestehenden Potentials und der Notwendigkeit seiner Selbstbehauptung bewusst zu sein, ist Voraussetzung für eine tragfähige Moralphilosophie und zwar nicht als Rechtfertigung von Gewalt, sondern um stets anpassungsbedürftige inhaltliche Regeln und sachgerechte Verfahren zur Durchsetzung derselben zu finden, die Aggression der Individuen durch die Anforderungen der Gemeinschaft einerseits und die Gewalt der Gemeinschaft gegen die der Individuen andererseits angemessen zu begrenzen.

D. Literaturverzeichnis

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Hilbig, Benjamin, Moshagen, Morten und Zettler, Ingo: Die dunkle Seite der Persönlichkeit, Gehirn& Geist, Dossier 3, 2020, S. 7 ff.

Kant, Immanuel: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (Jazzybee Verlag Kindle-Version, ISBN: 9783849614881)

Kröber, Hans-Ludwig: Gewalt ist ein Teil unserer Natur (2020)

Langnickel, Robert und Markowitsch, Hans J.: Das Unbewusste Freuds und die Neurowissenschaften in Leitner/ Petzold (Hrsg.): Sigmund Freud heute (2009)

Martin, Kurt: Von der Dampfmaschine zur Entropie: Eine kleine Einführung in die Thermodynamik, München 2014

Nietzsche, Friedrich. Gesammelte Werke (Kindle-Version).

Peglau, Andreas: Mythos Todestrieb – Über einen Irrweg der Psychoanalyse, Psychotherapie im Dialog 2018, Heft 19, S. 36 ff.

Popper Karl. R.: Vermutungen und Widerlegungen, Teilband 1, Tübingen 1994

von Rauchhaupt, Ulf: Zeit, Tod und schmutziges Geschirr, FAZ 6.9.2006

Schopenhauer, Arthur: Gesammelte Werke Arthur Schopenhauers (aristoteles media, Kindle-Version).

Schulte von Drach, Markus C.: Wie entstand das Leben auf der Erde?, Süddeutsche Zeitung 20.02.2017.

Stangneth, Bettina Böses Denken, Rowohlt eBook; Reinbek bei Hamburg 2016

Stölzl, Christoph: Der Hausherr der Seele, ZEIT Geschichte, 23.04.1998

Zupančič, Aklenka: Freud und der Todestrieb, Wien 2018

1 Sigmund Freud – Gesammelte Werke, Ideenbrücke Verlag, Kindle-Version, ISBN 9783960551690, S. 1235

2 (Fn 1) S. 1235

3 (Fn 1) S. 1253

4 (Fn 1) S. 1253

5 (Fn 1) S. 1260

6 (Fn 1) S. 1236

7 (Fn 1) S. 1236

8 (Fn 1) S. 1238

9 (Fn 1) S. 1409: „…, dass ich weder selbst überzeugt bin noch bei anderen um Glauben für sie werbe. Richtiger: ich weiß nicht, wie weit ich an sie glaube.“

10 (Fn 1) S. 2494 aus Das Unbehagen in der Kultur Kap. VI: „Ich hatte die hier entwickelten Auffassungen anfangs nur versuchsweise vertreten, aber im Laufe der Zeit haben sie eine solche Macht über mich gewonnen, daß ich nicht mehr anders denken kann.“

11 (Fn 1) S. 4846 (Brief v. 14.05.1922 an Arthur Schnitzler)

12 (Fn 1) S. 2010

13 Anmerkung: alle Hervorhebungen im Fettdruck, auch wenn sie in Zitaten enthalten sind, befinden sich nicht im Original, hingegen sind alle in Zitaten kursiv geschriebenen Textteile auch im Original entsprechend hervorge-hoben.

14 (Fn1) S. 1383

15 (Fn 1) S. 1172

16 (Fn 1) S. 1172 f.

17 (Fn 1) S. 1402

18 (Fn 1) S. 1178

19 (Fn 1) S. 53 (Das Ich und das Es, IV)

20 Der von vielen Rezensenten (etwa von Aklenka Zupančič: Freud und der Todestrieb, 2018, S. 37, 42; ebenso Andreas Peglau: Mythos Todestrieb – Über einen Irrweg der Psychoanalyse, Psychotherapie im Dialog 2018, 19, S. 36) synonym gebrauchte Begriff „Thana­tos“ wurde von Freud – zumindest in seinen veröffentlichten Texten – nicht gebraucht; und dies vermutlich mit Bedacht, da Thanatos als Gott des friedlichen Todes in Abgrenzung zu seiner Schwester Ker als Göttin des gewaltsamen Todes ein zu enges Begriffsverständnis hätte begründen können.

21 (Fn 1) S. 1384

22 so auch später (1933) (Fn 1) S. 1181

23 (Fn 1) S. 1385

24 (Fn 1) S. 1385

25 (Fn 1) S. 1386, ähnlich S. 1181

26 (Fn 1) S. 1387

27 (Fn 1) S. 1387

28 (Fn 1) S. 1388

29 (Fn1) S. 1390 f.

30 (Fn 1) S. 1392.

31 Dieser Begriff wird von Freud nicht gebracht, umschreibt aber das von Freud genannte Phänomen nach heutigem Verständnis, insbesondere in seiner Abgrenzung zur Meiose (s. hierzu unten Fn. 37 und Kap. II.1).

32 (Fn 1) S. 1395-1398; hieran hat sich, soweit ersichtlich, auch nach heutigem Stand der Wissenschaft nichts geändert.

33 (Fn 1) S. 1402 und 2009

34 (Fn 1) S. 1389, 1402, 1411

35 (Fn 1) S. 1394 ff.

36 (Fn 1) S. 1393

37 (Fn 1) S. 1406; gemeint ist d. Meiose

38 (Fn 1) S. 1393

39 (Fn 1) S. 1395

40 (Fn 1) S. 1399-1400

41 (Fn 1) S. 1399

42 (Fn 1) S. 1402

43 (Fn 1) S. 1405

44 (Fn 1) S. 1354

45 (Fn 1) S. 1414

46 (Fn 1) S. 1403 f.

47 (Fn 1) S. 53

48 (Fn 1) S. 54

49 zu letzterem s. (Fn 1) S. 55

50 (Fn1) S. 54

51 (Fn 1) S. 57-58

52 (Fn 1) S. 58

53 (Fn 1) S. 59

54 Fn (1) S. 1180

55 (Fn 1) S. 61 ff.

56 (Fn 1) S. 66-67

57 (Fn 1) S. 67

58 s. hierzu, aber auch zum moralischen Masochismus: Das ökono­mische Prin­zip des Masochismus (Fn 1) S. 4162 und 4168

59 (Fn 1) S. 67-68

60 Fn (1) S. 2498-2499

61 Fn (1) S. 2499-2450

62 Fn (1) S. 2500

63 Fn (1) S. 2503

64 Fn (1) S. 2504

65 Fn (1) S. 2504

66 Fn (1) S. 1185

67 FN (1) S. 2009

68 Fn (1) S. 2494

69 Fn (1) S. 2496

70 Fn (1) S. 2497

71 Fn (1) S. 1186

72 Fn (1) S. 2497

73 Fn (1) S. 2494

74 Fn (1) S. 1179

75 Fn (1) S. 1182

76 Fn (1) S. 2007

77 (Fn 1) S. 1260

78 Zupančič (Fn 20) S. 69

79 Zupančič (Fn 20) S. 21-22

80 Wobei anscheinend bis heute in der Wissenschaft keine Klarheit darüber herrscht, ob die organischen Verbindungen auf der Erde entstan-den sind oder über Meteoriten eingetragen wurden, vgl. etwa Markus C. Schulte von Drach: Wie entstand das Leben auf der Erde?, Süddeutsche Zeitung 20.02.2017.

81 Anm.: Schon Kant hat dies in Die Religion innerhalb den Grenzen der bloßen Vernunft (1793) Erstes Stück Kap. II. wie folgt beschrieben: „aber zwischen einem Menschen von guten Sitten (bene moratus) und einem sittlich guten Menschen (moraliter bonus), was die Übereinstimmung der Handlungen mit dem Gesetz betrifft, kein Unterschied (wenigstens darf keiner sein); nur daß sie bei dem einen eben nicht immer, vielleicht nie, das Gesetz, bei dem andern aber es jederzeit zur alleinigen und obersten Triebfeder haben.“

82 Fn (1) S. 3969-3973

83 Ulf von Rauchhaupt, Zeit, Tod und schmutziges Geschirr, FAZ 6.9.2006

84 vgl. Martin, Kurt Von der Dampfmaschine zur Entropie: Eine kleine Einführung in die Thermodynamik, S.60-61

85 Spektrum.de. Lexikon der Biologie, Stichwort: Entropie – Infobox (Autor ungenannt; abgerufen 24.08.2020)

86 niederentropisch ist also gleichbe-deutend mit einem geringen Maß an Unordnung, also „hochgeordnet“

87 Ulf von Rauchhaupt, a.a.O.

88 nämlich in Aus der Geschichte einer infantilen Neurose und später (1937) auch in Die endlich und unendliche Analyse, s. (Fn 1) S. 1534 und 2007

89 zutreffend erscheinen die Ausfüh-rungen von Ray Brassier in Nihil Un-bound (2007), zitiert in A. Zuancic (Fn 20) S. 60-61, die dieser Argumen­tation folgt, s. dort S. 66 f.): „Die Wiederholung, zu der der Tod antreibt, wiederholt diesen nicht, als wäre der Tod eine früherer Zustand des Lebens oder des Bewusstseins.“

90 Insofern ist A. Zupančič beizupflich-ten, wenn sie schreibt, das Leben sei „eine Unterbrechung, eine Störung des Unbelebten.“ (Fn 20) S. 26

91 Vgl. Peglau (Fn 20) S. 38-39 mit weiteren Nachweisen

92 Erich Fromm Anatomie der mensch-lichen Destruktivität in Erich Fromm, Gesamtausgabe in zwölf Bänden, München 1999, Bd. VII, S. 67

93 Fromm (Fn 92) S. 74, s. auch S. 204

94 Fromm (Fn 92) S. 84

95 Fromm (Fn 92) S. 89

96 Fromm (Fn 92) S. 170-174

97 Fromm (Fn 92) S. 176

98 Fromm (Fn 92) S. 176-177

99 Fromm (Fn 92) S. 179-183

100 Fromm (Fn 92) S. 93, 95-99

101 Fromm (Fn 92) S. 170-173

102 Fromm (Fn 92) S. 185-186

103 Fromm (Fn 92) S. 186-193.

104 Fromm (Fn 92) S. 248

105 Fromm (Fn 92) S. 249

106 Fromm (Fn 92) S. 254 ff., 262

107 Fromm (Fn 92) S. 301

108 Fromm (Fn 92) S. 167

109 vgl. hierzu auch R. Douglas Fields Die Wurzeln der Aggression in Gehirn& Geist, Dossier 3, 2020, S. 18: „Dabei sind im Gehirn von Tieren, die sich aggressiv verhalten, je nach Grund ihres Verhaltens (etwa Verteidigung der Neugeborenen oder Jagd nach Beute) unterschiedliche neuronale Schaltkreise aktiv.“

110 Robert Langnickel, Hans J. Marko-witsch: Das Unbewusste Freuds und die Neurowissenschaften in Leitner/ Petzold (Hrsg.): Sigmund Freud heute (2009), S. 168: „Die bildgebenden Verfahren der Neurowissenschaften ermöglichen nun neue Möglichkeiten der Erforschung unbewusster Pro-zesse und knüpfen da an, wo Freud das Feld der Neurologie verlassen hat.“

111 Fields (Fn 109) S. 18

112 Fields (Fn 109) S. 20

113 Fields (Fn 109) S. 20

114 s. Hilbig/Moshagen/Zettler: Die dunkle Seite der Persönlichkeit, Gehirn& Geist, Dossier 3, 2020, S. 8-11

115 Kröber, Gehirn&Geist, Dossier 3, 2020, S. 14.

116 Fn (1) S. 1399

117 Schopenhauer: „Als Zweck unsers Daseyns ist in der That nicht Anderes anzugeben, als die Erkenntniß, daß wir besser nicht da wären.“ – Werke Arthur Schopenhauers (Aristoteles Media), Die Welt als Wille und Vor-stellung, Bd. II, Erg. zum 4. Buch, Kap. 48

118 Schopenhauer (Fn. 117) Kap. 41

119 Dort Erstes Stück, Kapitel I.

120 Friedrich Nietzsche Genealogie der Moral, 2. Abhandlung „Schuld“, „schlechtes Gewissen“ und Verwan­dtes, Kapitel 1 = in Gesammelte Wer-ke (kindle-Version) S. 2231

121 Nietzsche (Fn 120) Kap. 1 f.= S. 2232

122 Nietzsche (Fn 120) Kap. 5 = S. 2238

123 Nietzsche (Fn 120) Kap. 6 = S. 2239

124 Nietzsche (Fn 120) Kap. 7 = S. 2241

125 Nietzsche (Fn 120) Kap. 11 = S. 2247

126 Nietzsche (Fn 120) Kap. 11 = S. 2248

127 Nietzsche (Fn 120) Kap. 11 = S. 2249

128 Nietzsche (Fn 120) Kap. 12 = S. 2251

129 Nietzsche (Fn 120) Kap. 12 = S. 2252

130 Nietzsche (Fn 120) Kap. 15 = S. 2256

131 Nietzsche (Fn 120) Kap. 16 = S. 2257f

132 Nietzsche (Fn 120) Kap. 18 = S. 2260

133 Nietzsche (Fn 120) Kap. 22 = S. 2265

134 Fromm (Fn 92) S. 76

135 Fromm (Fn 92) S. 77

136 Christoph Stölzl Der Hausherr der Seele, ZEIT Geschichte, 23.04.1998

137 Stangneth Böses Denken, Rowohlt eBook S. 52

138 Stangneth (Fn 138) S. 109 f.

139 (Fn 1) S. 1260

140 Peglau (Fn 20): Mythos Todestrieb – Über einen Irrweg der Psychoanalyse

141 Zur entsprechenden Kritik s. Karl. R. Popper in Vermutungen und Widerlegungen, 1963/1994, S 49-51, 53-54

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