Psychiater (und Geschäftsführer von „Betreutes Lieben“) haben eine faszinierende Perspektive auf den Menschen. Sie blicken auch ganz anders auf die Partnerschaft zwischen Mann und Frau als das strenge, fordernde und oft urteilende Auge der Öffentlichkeit. Moderne therapeutische Beziehungen sind nicht nur verständnisvoll und geduldig, sondern auch staunend, neugierig, mitunter augenzwinkernd und humorvoll – jedenfalls niemals verurteilend oder wertend. In diesem angenehmen Klima kommt viel Unausgesprochenes zum Vorschein, das man/frau öffentlich nicht zu bekennen wagte. Wie oft haben wir schon den Satz gehört: „Das habe ich noch niemanden erzählt…“. Die äußere Fassade der Menschen entspricht nicht unbedingt ihrem Inneren, die Menschen ticken tief drinnen nicht immer so, wie es von ihnen gesellschaftlich erwartet wird.
Zwei wertvolle, tiefgehende und substanzhaltige Bücher zu diesem immer aktuellen Thema:
Warum alle gewinnen, wenn Männer männlich und Frauen weiblich sind
Weshalb gerät das moderne Beziehungsleben zwischen den Geschlechtern so häufig in eine Schieflage? Der Wiener Psychiater und Neurowissenschaftler Raphael M. Bonelli taucht ein in das Seelenleben von Mann und Frau und beleuchtet dort besonders das Unbewusste und Verdrängte, und wie dies die heutigen Paarbeziehungen beeinflusst: offene Beziehungen, die doch nicht ganz so offen sind, Männer auf der Suche nach ihrer weiblichen Seite, geschlechtslose Freundschaft, die sich als recht geschlechtlich entpuppt, Karrierefrauen mit paradoxen Heimchen-am-Herd-Sehnsüchten.
Bonelli erzählt ebenso unterhaltsam wie einfühlsam Fallgeschichten aus seiner eigenen therapeutischen Praxis, fernab von Klischees und Ideologien. Er identifiziert vier unbewusste Liebestöter und analysiert, wie moderne Männlichkeit und Weiblichkeit miteinander harmonieren können. Als erfahrener Paartherapeut zeigt er, wie der Eros wiederbelebt werden kann: Wer das jeweilige Talent zur Männlichkeit oder zur Weiblichkeit nicht verkümmern lässt, sondern entfaltet, findet zurück zu einer glücklichen und funktionierenden Paarbeziehung auf Augenhöhe.
Nichts Geringeres als die alte Streitfrage nach der „Biologie der Geschlechtsunterschiede“ sucht die Biologin Bischof-Köhler hier zu klären – und das ist ihr sogar gelungen. Die Autorin geht dabei mit großer Sorgfalt vor, fasst erst einmal die Argumente der „soziokulturellen Fraktion“ zusammen, um sie dann eines nach dem anderen zu widerlegen. Dabei wird sie, obwohl das Buch als ganzes in einem „eher ruhigen und auch sehr sachlichen Stil“ verfasst ist, auch mal ironisch. Herausgefunden hat Bischof-Köhler, dass Eigenschaften wie „Imponiergehabe, ungebrochene Selbsteinschätzung und Frustrationstoleranz“ dem männlichen Geschlecht allen Rufen nach Chancengleichheit zum Trotz einen Startvorteil im Kampf um beruflichen und sonstigen Erfolg verschaffen. Bei der „Paarung“ (das steht da) suchen Männer Quantität, Frauen Qualität. Frauen sind fürsorglicher und stärker an Beziehungen interessiert. Phylogenetisch bedingt, leider, „das Wertgefälle zuungunsten der Frau“: da hilft nur Aufklärung. Die leistet die Autorin mit diesem Buch.