Wonach sich Frauen in der Liebe sehnen – und was Männer dafür tun können

Wer die Partnerin nicht vergraulen möchte, muss hin und wieder etwas mehr Einsatz zeigen

Männer sind bei der Anbahnung und Gestaltung von Partnerschaften oft zu passiv, meinen die Paarberater Anna Peinelt und Christian Thiel. Hier erklären sie, wie es besser geht – beim ersten Date genauso wie in einer langjährigen Ehe.

Beziehungsarbeit, die zu einer gut funktionierenden Bindung gehört, ist meist Frauensache. Obwohl Studien belegen, dass Männer in einer glücklichen und gesunden Beziehung im Vergleich zu Geschlechtsgenossen mit Single-Status mehr und besseren Sex haben, über ein höheres Einkommen verfügen, länger leben, seltener an chronischen Krankheiten und im Alter weniger unter kognitiven Störungen wie Senilität leiden. Um solch eine glückliche Beziehung zu führen, kann das Ansprechen von Problemen, aber auch das Finden von Kompromissen nicht vom Mann umgangen werden. Doch bereits bei der Partnersuche machen Männer oft ähnliche Fehler, erklären die Single- und Paartherapeuten Anna Peinelt und Christian Thiel im WELT-Podcast „Die Sache mit der Liebe“. Sie räumen mit Beziehungsmythen auf, die sich um Männer und Partnerschaft drehen und geben Tipps, wie man als Mann mehr Einsatz in der Beziehung zeigen kann.

Warum sind Männer weniger bereit, an der Partnerschaft zu arbeiten?

Christian Thiel: Eigentlich beschäftigen sich Jungs schon im Kindergarten nicht mit den Gefühlen der anderen um sie herum, während das Mädchen machen. In der Pubertät geht das so weiter und es endet im Studium, wenn er Maschinenbau und sie soziale Arbeit studiert. Männer verstärken ihre Fähigkeiten, sich mit der sachlichen Welt da draußen auseinanderzusetzen und vernachlässigen ihren Gefühlsbereich.

Anna Peinelt: Meine Erfahrung aus der Praxis zeigt auch tatsächlich, dass sich mehr Frauen als Männer für eine Beratung bei mir melden. Die Männer, die sich aber mit dem Thema auseinandersetzen, die beispielsweise bei mir auch in einem Coaching sind, die haben es viel leichter, weil sie sich bewusst mit der Thematik auseinandersetzen. Und sie sind, das sage ich auch immer, richtig gutes Partnerschaftsmaterial. Ich benutze diesen Begriff, denn Männer, auch wenn sie rational sind, sind für diese Tipps dankbar. Wer sich mit der Liebe auseinandersetzt, der bringt ganz andere Beziehungskompetenzen mit.

Thiel: In einer Sache muss ich dir widersprechen. Denn Männer sind nur rational, wenn es um den Job geht. Meiner Erfahrung nach handeln die Frauen rationaler, wenn es um Beziehungen geht. Darum ist es wichtig, dass die Frau bestimmt, ob der Mann der richtige für sie ist. Denn sie spürt das aufgrund ihrer Erfahrung viel genauer. Und viele Männer müssen erst mal lernen, bei der Partnersuche richtig auswählen zu können. „Die ist nett, die sieht gut aus“, das ist irrational, reicht am Ende als Begründung meist doch nicht aus und dennoch wird hier nicht gut genug hingesehen.

Beim ersten Wiedersehen mit dem Ex-Freund wird vermittelt: Er ist jetzt ein anderer Mensch. Kann das sein?

Thiel: Dieses Versprechen wird jeden Tag von Millionen von Männern und Frauen gemacht. Egal, ob sie fremdgegangen sind, zu viel Alkohol trinken oder in einer Partnerschaft zu schnell ausgerastet sind. Wer von uns wird denn innerhalb von ein paar Monaten eben so ein anderer Mensch? Eine alte Liebe wieder aufzuwärmen ist relativ einfach. Die Aussichten, dass es gut geht, nicht. Aber die Menschen wollen nicht die Realität akzeptieren, sondern sie folgen den starken Gefühlen. In Gedanken ist man dann schon wieder beim guten Sex, den man durchaus hatte. Man fühlt sich einsam und denkt an die guten Augenblicke zurück. Das Negative verblasst. Damit es aber dieses Mal besser läuft, muss der Mann mehr Verantwortung übernehmen. Indem er ein paar kluge Bücher gelesen oder einen Workshop gemacht hat. Er muss mehr über seine Gefühle reflektieren können.

Peinelt: Ich habe es in der Beratung viel mit angepassten, gutgläubigen Frauen zu tun. Da wird oft der Therapeut oder die Therapeutin für den Mann gespielt. Selbst wenn der Mann ihnen schon beim Kennenlernen erzählt, er hat vielleicht eine narzisstische Störung, kann man vermeintlich damit umgehen. Wenn man aber einen Schlussstrich gezogen hat, dann haben wichtige Themen nicht gepasst. Jetzt behauptet er von sich, er ist ein anderer Mensch. Und gutgläubige Frauen wollen das natürlich gerne glauben und lassen sich auf diese Idee ein. Wir Frauen sollten aber stark auf Taten achten. Ist denn da auch was Handfestes wie eine Therapie, mehr Empathie oder mehr Verantwortung dahinter, sodass es sich lohnen könnte, es noch mal zu probieren?

Wie zeigt man dem Gegenüber, dass man ernsthaft interessiert ist?

Peinelt: Frauen geht es um Verlässlichkeit. Studien haben ergeben, dass einer der wichtigsten Faktoren für Gesundheit und Erfolg der Kinder ist, welche Rolle der Vater in der Familie spielt. Das galt nicht nur in der Steinzeit, sondern gilt heute noch genauso. Denn wenn ein Vater sich nicht um seine Kinder kümmert, besteht eine fünfmal höhere Wahrscheinlichkeit, dass sie in Armut leben. Eine dreimal höhere, dass sie in der Schule versagen und doppelt so hoch, dass sie verhaltensauffällig, kriminell oder depressiv werden. Verlässlichkeit kann man gut an den Tag legen, zum Beispiel durch Authentizität, Glaubwürdigkeit und Verantwortung. Indem man tut, was man versprochen hat.

Man sollte sich als Mann immer bewusst machen, dass die Frau sich fragt, ob sie sich bei ihrem Partner sicher fühlen kann. Auch wenn viele Frauen sagen, das gehört in die 1950er-Jahre und nicht mehr in die heutige Zeit, sind symbolische Gesten der Fürsorge nach wie vor wichtig. Zum Beispiel, indem man einer Frau die Tür aufhält oder auf der Seite geht, die dem Verkehr zugewandt ist. Das heißt aber auch, dass man pünktlich zu einem Treffen kommt. Viele Frauen finden das altbacken und meinen, dass sie das nicht brauchen. Wenn man aber ehrlich ist: Es fühlt sich schön an, wenn ein Mann zeigt, dass er an seine Frau denkt und er seine Verlässlichkeit demonstriert. Und ich kenne auch keine Frau, die das anders sieht und sei es auch nur insgeheim.

Zusammengefasst heißt das, man muss Aufmerksamkeit zeigen. Wenn man ein Date hat, ist man nur für die andere Person da. Man schaut nicht auf andere Frauen und schreibt keine Nachricht, sondern wendet sich nur ihr zu. Außerdem sollte man Intimität aufbauen, indem man sich in die Augen sieht. Männer laufen oft nur nebenher und der Blick ist nur Seite-an-Seite. Ein weiterer Punkt ist das Verständnis. Das bedeutet nicht, dass man einen Fragenkatalog vorbereiten muss, sondern dass man zuhört und nachfragt. Das ist immer anziehender, als jemanden zuzutexten.

Ich habe Angst, dass sich das Date wie ein Vorstellungsgespräch anfühlt.

Thiel: Dates und Vorstellungsgespräche haben viel gemeinsam. Denn im Grunde kommt es auch beim Vorsprechen in einer Firma darauf an, dass man unbedingt einen guten Eindruck hinterlässt, sondern dass diese Firma zu einem passt. Natürlich möchte man einen guten Eindruck hinterlassen. Aber wenn es nicht passt, passt es nicht. Das Allerwichtigste ist, ob die Menschen, die da in der Kommission sitzen, das Gefühl haben: „Oh ja, mit dem oder mit der komme ich gut zurecht.“ So wird auch im Job die Auswahl getroffen. Bei der Liebe sollte man sich ähnliche Fragen stellen. Kann ich mir vorstellen, mit diesem Menschen meine Zeit zu verbringen? Berühren sich die Gefühle der beiden Beteiligten? Kommt man sich gefühlsmäßig nahe?

Warum ist die effiziente Partnersuche so wichtig für den Mann?

Thiel: Für einen Mann steht bei der Partnersuche viel mehr auf dem Spiel als für die Frau. Eine Partnerschaft zu haben, hat für Männern viel mehr positive Effekte als für Frauen. Wenn sie eine stabile Beziehung haben, profitieren sie besonders beruflich davon. Das ist eine große Ungerechtigkeit. Denn Männern gelingt es nicht im gleichen Maße, Frauen beruflich zu unterstützen in ihrem Werdegang, dass sie ebenso vorankommen wie umgekehrt. Frauen machen das souverän, der Mann fühlt sich stabiler, wenn er eine funktionierende Partnerschaft oder eine Familie im Rücken hat.

Was kann ein Mann tun, damit die Partnerschaft funktioniert?

Thiel: Ich gebe drei ganz konkrete Ratschläge, mit denen Männern dazu beitragen können, dass eine gute Verbindung entsteht. Der Partnerschaftsforscher John Goodman hat in seinen Studien über 40 Jahre herausgefunden, dass eine Beziehung gut läuft, wenn der Mann bereit ist, sich von seiner Frau beeinflussen zu lassen. Es wird nicht funktionieren, wenn er den Standpunkt vertritt, dass nur er recht hat und seine Frau nicht. Der erste Punkt, den man also für eine gute Partnerschaft braucht, ist Intimität. Diese entsteht durch Nachfragen. Das ist das, was Frauen am allermeisten in Partnerschaften vermissen. Wenn man sich nicht für die Frau interessiert, wird sie im Übrigen auch weniger Lust auf Sex haben.

Daran schließt auch der zweite Punkt nahtlos an. Denn man sollte seine Frau fragen, wie es ihr geht. Jeden Tag. Man sollte darüber reden, was heute passiert ist, wie die Gefühle der Beteiligten sind und nicht nur gemeinsam To-do-Listen abhaken. Dann sollte man aber keinen klugen Rat geben, sondern ihr zuhören. Das ist der dritte Ratschlag. Gibt man einen Ratschlag, kann sich das Gegenüber nicht verstanden fühlen, sondern kann nur etwas mitnehmen. Wenn man nach Hause kommt und hat etwas Schwieriges erlebt, dann sollte man dem anderen keinen Ratschlag erteilen. Die meisten Frauen wissen bei ihrem Mann genau, was er jetzt braucht. Jemanden, der sagt: „Ach Mensch, armer Schatz, das ist ja blöd.“ Männer sind oft nicht bereit, das Gleiche zu geben.

Peinelt: Männer haben aufgrund ihrer Sozialisierung oft ein Problem mit negativen Gefühlen wie Trauer, Wut, Angst oder Enttäuschung. Deswegen vermeiden sie auch darüber zu reden oder sich damit auseinanderzusetzen. Viele glauben auch, dass das Gespräch darüber die Emotionen verstärken würde und alles noch schlimmer macht. Was nicht stimmt. Wenn man etwas loswird, reduziert sich der Stresspegel um 90 Prozent. Dieser Stress reduziert sich ja dadurch, dass wir uns beruhigen, dass sich auch der emotionale Teil unseres Gehirns beruhigt, wenn wir uns verbunden fühlen mit unserem Partner. Die Wissenschaft zeigt, dass Männer, die sich schnell regulieren können, die besten Beziehungen haben.

Darf ich also niemals Ratschläge geben?

Thiel: Wenn man unbedingt einen Rat zu dem Problem des Partners loswerden möchte, dann lässt man am besten einige Stunden verstreichen. Danach kann man einhaken und fragen, ob die Partnerin eine Idee hören möchte. Dann kann man einbringen, was man über die Situation denkt. Man sollte aber nie sagen, dass es ein Rat ist, sondern nur eine Idee. Das vermittelt Fürsorge statt eines Distanzgefühls.

Mehr zum Thema finden Sie im Podcast der Single- und Paarberater Anna Peinelt und Christian Thiel. Die beiden sprechen in „Die Sache mit der Liebe“ regelmäßig über Beziehungsfragen. Abonnieren Sie den Podcast „Die Sache mit der Liebe“ bei Apple PodcastSpotifyDeezerAmazon Music oder direkt per RSS-Feed. Feedback und Liebes-Fragen gern an liebe@welt.de

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