Wir neigen zu der Annahme, dass vernünftige und zielstrebige Menschen immer darauf bedacht sind, der Wahrheit ins Auge zu sehen.
Die Wahrheit könnte aber auch sein, dass wir, um etwas zu erreichen, über viele Dinge möglichst im Unklaren bleiben sollten. Was wäre, wenn wir uns selbst konsequent belügen müssten, um überhaupt eine Chance zu haben, ein Leben zu führen, das uns erstrebenswert erscheint?
Hier sind einige der Illusionen, die wir möglicherweise brauchen, um gut zu leben:
– Wir müssen das Hier und Jetzt ernst nehmen – auch wenn wir wissen, dass in hundert Jahren nichts von alldem eine Rolle spielen wird …
– Wir sollten uns darum Gedanken machen, was “die anderen” über uns denken – obwohl sie kaum einen Gedanken an uns verschwenden, und wenn doch, dann meist keinen besonders fairen.
– Wir müssen davon ausgehen, dass wir (eines Tages) wahrhaft geliebt und verstanden werden – obwohl nur wenige Dinge in diesem Leben weniger wahrscheinlich sind als das.
– Wir müssen beim Anblick kleiner Kinder dahinschmelzen – obwohl wir wissen, was aus den meisten von ihnen einmal werden wird und dass die Welt, von der wir ihnen erzählen, in Wirklichkeit gar nicht existiert.
– Wir sollten mit viel Vorfreude auf die nächsten Jahre blicken – auch wenn im Moment jeder Tag – auf einer Skala von 1 bis 10 – mit Müh und Not zu einer 6 reicht.
– Wir müssen daran glauben, dass wir als Gemeinschaft Fortschritte machen werden – auch wenn jede Erfindung eine Reihe von alarmierenden unerwünschten Konsequenzen mit sich bringt.
– Wir müssen uns um die Menschheit sorgen – auch wenn die meisten ihrer Mitglieder, bei Lichte betrachtet, unausstehlich sind.
– Wir müssen zu uns selbst stehen, obwohl wir tief in unserem Herzen wissen, wie garstig und scheußlich wir wirklich sind.