Tanzen

Der Effekt der Musik: Wer sich in Bewegung bringen lässt, baut Stress ab. Eine Studie sagt sogar, dass Menschen, die tanzen, weniger neurotisch sind – und Demenz vorbeugen können.

Mit Jahresvorsätzen ist es ja so eine Sache. Ehrlich gesagt halte ich nicht sonderlich viel von ihnen. Man hat elf andere Monate im Jahr, um etwas zu verändern. Muss das gleich alles im Januar angegangen werden? Aber klar, man denkt dann doch darüber nach, wenn um einen herum über Veränderung und den neuen Sportplan geredet wird – und Menschen Dry January machen oder Vegan January. Deswegen mache ich einfach mit dem weiter, was ich im Dezember schon angefangen habe: mehr tanzen gehen.

Vor einigen Wochen sah ich eine ziemlich inspirierende Frau im Klub. Sie hatte feuerrote Haare, ein Oberteil im Leoparden-Look und fing plötzlich an zu springen. Sie hob ihre Arme in die Luft, ging auf einzelne Leute zu und verwickelte sie in einen energetischen Tanz.

Sie wirkte im Klub wie ein Anzünder. Zwischendurch schaute sie beim DJ vorbei und man bekam das Gefühl, dass sie die Sache gleich ganz übernehmen würde. Sie wirkte glücklich, ob sie mit Substanzen nachgeholfen hatte, wissen wir hier nicht, ist aber auch nicht wichtig.

An ihr konnte man sehen: Na klar, wir sollten viel mehr tanzen gehen. Studien zeigen, dass beim Tanzen Stress abgebaut wird, es entspannt uns und tut der Seele gut. Diese Untersuchungen beziehen sich auf professionelle Tänzer. Doch in der Disco sollte es sich ähnlich verhalten.

Andere Studien zeigen, dass Paartanzen unsere Sinnessysteme auf eine komplexe Weise beansprucht. Dies kann das Risiko für Demenz senken. Tanzen wirkt hier sogar besser als Kreuzworträtsel zu lösen oder zu lesen. Das Hirn wird auf mehreren Ebenen stimuliert – nicht nur die Motorik wird beansprucht, auch Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis werden aktiviert.

Was jeder wohl kennt: den Effekt der Musik. Sie treibt uns zur Bewegung an. „Man setzt das, was in der Musik vorkommt, in Bewegung um“, sagt Mai Geisen von der Deutschen Sporthochschule Köln. Es sei daher nicht verwunderlich, dass man mit Musik feiere. Und wenn man dann ohnehin schon auf den Beinen ist, kann man auch noch mehr tun. Bei einigen Partyreihen werden Electro-Beats nun mit einem Workout verbunden.

In Frankfurt beispielsweise gibt es die Reihe „Frühsport“. Neben der Musik darf man sich auf andere Disziplinen freuen: Spikeball, Olympischer Rundlauf, Stopptanz oder Turnen für Anfänger, Yoga und Kickboxen stehen abwechselnd auf dem Programm. Geisen sagt: „Die Musik hilft, eine Einheit durchzustehen.“

„Sich selbst vergessen“

Und in der Gruppe geht ohnehin alles viel leichter. Häufig ist es ja so: Auch wenn man im Klub alleine tanzt, fühlt man sich mit anderen verbunden. Trotzdem kann man in der Masse abschalten, die Welt um einen herum lässt einen den Alltag vergessen. „Wenn man sich in Rage tanzt, dann kann man sich selbst vergessen“, sagt ein Freund, mit dem ich darüber spreche. „Das gibt es sonst in wenig anderen Lebenssituationen.“

Eine Studie unter der Leitung des Frankfurter Max-Planck-Instituts (MPI) für empirische Ästhetik, die im Fachjournal „Personality and Individual Differences“ erschien, ergab sogar, dass Menschen, die tanzen, weniger neurotisch sind als Nichttänzer. Sie seien verträglicher, offener und extrovertierter. Dies treffe sowohl auf Hobby- als auch auf Profi-Tänzer zu.

Das heißt natürlich nicht, dass jeder jetzt zwangsläufig zur Tänzerin oder zum Tänzer werden muss. Als ich allerdings neulich vom Klub nach Hause lief, sagte ein Freund zu mir: „Ich muss das auf jeden Fall häufiger machen, ich habe das mal wieder gebraucht.“ Bei mir verhält es sich ähnlich. Wer tanzt, kann sich für einen Moment von allem befreien – und das wirkt nach.

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Blog

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert