Teil 1: Der frühkindliche Mensch. Metatheorie und Klinik
3. Überlegungen und Modelle zur Zusammenschaltung
Zur Beschreibung des Vorgangs, den ich relativ theoriefrei »Zusammenschaltung« genannt habe, werden recht unterschiedliche analytische Konzepte benutzt. Bick (2002) meinte, dass die innere Funktion, die Teile des Selbst im Sack der Haut zusammenzuhalten, auf die »Introjektion« eines externen Objektes angewiesen sei, »das als fähig erlebt wird, diese Funktion zu erfüllen« (S. 236). Wie man sich allerdings den Vorgang der Introjektion vorstellen soll, bleibt offen. Winnicott (1984) beschreibt eine Reihe von mütterlichen Aktivitäten und Haltungen, die für die Schaffung eines »psychischen« Babys notwendig seien, von denen ich »Integration« als die seiner Meinung nach wichtigste herausgreife. Einerseits soll es eine
intraindividuelle Integration geben, die an umschriebene, wiederkehrende heftige emotionale oder affektive Erfahrungen geknüpft sei, wie zum Beispiel Wut oder den Reiz der Ernährungssituation.

Einen ähnlichen Gedanken hat Kernberg (2001) mit den sogenannten »peak affect states« entwickelt. Die basale Grundlage einer unbewussten Phantasie ist demnach die Beziehung einer Selbst- mit einer Objektrepräsentanz im Kontext eines dominanten Spitzenaffektes (S. 606). Die Spitzenaffekte werden in positive und negative eingeteilt, und damit werde die Grundlage für die Theorie der Spaltung in all good und all bad gelegt. Es kann aber keinen Beleg für diese Überlegungen geben, weil ja Aussagen über die psychische Realität des Babys gemacht werden, die wir per definitionem nicht kennen. Im Unterschied zu Winnicott, der nur den traumatischen Erfahrungen eine Organisationsfunktion zuschreibt, hat Kernberg auch positive affektive Organisatoren im Sinn.
Andererseits
gebe es eine »Integration« zwischen Mutter und Kind, die aber in ihrem
positiven Wirkungsgefüge nicht näher beschrieben wird. Das Scheitern,
so Winnicott, begegnet uns später klinisch als (psychotische) Angst vor
dem Zusammenbruch. Sie sei die Angst vor etwas, das bereits einmal erlebt wurde. Die Welt, in der dieser Zusammenbruch schon einmal erlebt
wurde, beschreibt er als:
