Liebesmythen unserer Kultur

Wenn sie verliebt ist, möchte sie dass er auch verliebt ist.

Die Frage:

Ich habe bei einem Geburtstag jemanden kennengelernt. Ich dachte mir: was für ein attraktiver Mann. Wir haben uns gut unterhalten und er hat sich ein paar Tage später bei mir gemeldet.

Durch sein begonnenes Studium und meiner Ausbildung war die Zeit zum Daten leider nicht gleich gegeben, da er deutschlandweit unterwegs ist. Vor Weihnachten war es dann so weit. Das erste Treffen war bei mir, denn durch Corona ging es nicht anders. Das Date war super. Leider hab ich, nach dem Hören des Podcasts festgestellt, dass ich paar Fehler gemacht habe. Wir haben uns geküsst und er hat bei mir übernachtet. Passiert ist nichts. Wir haben dann weiterhin geschrieben, und irgendwann mal telefoniert.

Nach dem Telefonat war alles anders. Er war viel zurückhaltender, der Kontakt wurde weniger. Trotzdem wollte er mich noch mal treffen. Er hat wieder bei mir übernachtet, er wollte nicht Heim. Am nächsten Morgen habe ich gefragt, was er sich vorstellt, wie es weitergehen soll. Seine Antwort: Er wisse es nicht, möchte aber keine Beziehung. Das Schlimmste für mich war: Er hat mir noch einen Abschiedskuss gegeben – ich war sehr verliebt. Für mich war er der „Richtige“. Er war nett, wir haben dieselben Interessen, sind beide aktiv und haben ein Hobby geteilt, das mit meinem super gepasst hätte.

Warum macht „Mann“ so was? Kann man nicht einfach vorher „nein“ sagen?

Das antwortet der Paarberater:

Ich muss das, was Sie schreiben, jetzt erst einmal in meinen eigenen Worten zusammenfassen: Sie haben ihn etwa viermal gesehen, sie fanden ihn attraktiv und er hat ähnliche Hobbys wie Sie – und schon sind Sie verliebt. Er aber nicht. Und jetzt fragen Sie sich, was mit ihm nicht stimmt.

Sorry für meine Direktheit, aber ich habe mich gefragt, was mit Ihnen und Ihrem Vorgehen nicht stimmt. Dass ein Mann der in Ihren Augen gut aussieht und die gleichen Interessen hat wie Sie, der Richtige ist, gehört zu den Liebesmythen unserer Kultur. Ihr Job ist es, genauer hinzuschauen. Und das tun Sie nicht.

Das ist schon an der Wahl des Ortes für Ihr ‚Date‘ zu erkennen. Ein Date findet im öffentlichen Raum statt – nicht bei Ihnen zu Hause. Zu Hause küssen wir und/oder kommen uns noch viel näher. Bei Treffen in einem Café oder Restaurant dagegen kommen wir nur ins Gespräch. Und genau das braucht es, um sich kennenzulernen.

Davon, dass solche Treffen vor Weihnachten wegen Corona nicht möglich waren, habe ich übrigens nichts bemerkt. Spazierengehen war ohnehin immer möglich.

Sie machen noch einen zweiten ganz grundsätzlichen Fehler. Wenn ein Mann sich erkennbar nicht (mehr) für Sie interessiert, dann ist es Ihr Job, ihn auf der Stelle durchzuwinken. Er will nichts von Ihnen und da er ehrlich ist, sagt er das auch ganz offen – also auf zum Nächsten. Sie sollen niemanden zum Jagen tragen, sondern einen Mann finden, der Sie so will, wie Sie sind.

Der Mann, mit dem Sie geflirtet haben, war für eine feste Beziehung nicht zu haben. Versuchen Sie es beim nächsten Mal bitte mit einem Kandidaten, der Flirts so ernst nimmt, dass er auch Zeit für Sie hat. Und für ein Kennenlernen. Für ein persönliches Kennenlernen. Keine WhatsApp Nachrichten, keine langen Telefonate – sondern Verabredungen von Angesicht zu Angesicht. Und bei der Verabredung sprechen Sie nicht über Hobbys, sondern über Vorstellungen vom Leben und von der Zukunft, fragen nach, was ihm wichtig ist und er ist hoffentlich genauso neugierig auf Sie. Und erst, wenn Sie dann verliebt sind, können Sie sich näher kommen. Aber nicht vorher.

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