Das Glück spielte bei den griechischen Philosophen der Antike eine wichtige Rolle. Aristippos, Platon, Sokrates, Aristoteles, Epikur, der Stoikers Zenon und viele weitere gingen in ihren Texten und Lehren der Frage nach: Was ist das Glück? Was zeichnet ein glückliches Leben aus? Wie kann ich es erreichen? Das Spektrum der philosophischen Wege zum Glück reicht von Lust, Vernunft, Ethik und dem Streben nach dem Guten über Weisheit bis hin zur Selbstverwirklichung. Im Zentrum stand dabei auch der glückselige Zustand der Eudaimonie, ein ausgeglichener Gemütszustand als Ergebnis einer gelungenen Lebensführung nach ethischen Grundsätzen. Lassen Sie sich inspirieren von den wichtigsten Glücks-Definitionen und Glücks-Tipps der griechischen Philosophie und den besten Zitaten.
Ein wohlwollender Daimon. Mosaik aus Antiochia, 2. Jahrhundert
Philosoph und erster Hedonist Aristippos: Glück ist Lust maximieren und Schmerz vermeiden
Zu den ersten griechischen Philosophen der eine komplette Glücksphilosophie entworfen hat, zählt Aristippos von Kyrene (435 v. Chr. bis ca. 355 v. Chr.). In seiner hedonistischen Philosophie unterscheidet der Schüler des Sokrates zwei Zustände der menschlichen Seele: Die Lust als sanfte und den Schmerz als raue, ungestüme Bewegung der Seele.
Das Gute und das Ziel des menschlichen Lebens war für ihn die lustvolle, das Schlechte die schmerzvolle Empfindung. Folglich liegt der Weg zum Glück darin, die Lust zu maximieren und dem Schmerz auszuweichen. Für Aristippos war das bewusste Genießen sogar der eigentliche Sinn des Lebens.
Aristippos selbst war von heiterer Natur, beherrscht und hatte die Fähigkeit, in allen Lebenslagen, in Freude und in Not, eine distanzierte Gelassenheit zu bewahren. Zwar war er gegenüber Luxus und Unterhaltung nicht abgeneigt, achtete jedoch darauf, sich nicht von Personen, Dingen oder Gefühlen abhängig zu machen.
Er verfolgte die Lebenskunst, sich nicht den Dingen, sondern die Dinge sich zu unterwerfen. Bezeichnend dafür ist ein Zitate über die Beziehung zur Prostituierten Lais: „Ich besitze die Hetäre Lais, bin aber nicht von ihr besessen … Denn die Begierden zu beherrschen und ihnen nicht zu unterliegen, ist am besten, nicht der völlige Besitz auf sie.“
Eine Prostituierte bzw. Hetäre kann man zB auf dem Sklavenmarkt erwerben.
Platon: Eudaimonie als Glückseligkeit eines gelingenden Lebens
Für Platon (428 v. Chr. bis 348 v. Chr.) ist die „Eudaimonie“ unbedingt erstrebenswert und sollte das Ziel aller Menschen sein. In der deutschen Übersetzung wird Eudaimonie meist mit „Glück“ oder „Glückseligkeit“ übersetzt, dies trifft aber nicht ganz den Kern der Sache: Sie umfasst für Platon den erfreulichen, ausgeglichenen Gemütszustand einer gelungenen Lebensführung, die den Grundsätzen einer philosophischen Ethik entspricht.
Dabei trennt er die Eudaimonie klar von der Lust. Die seelische Lust stuft Platon als niedriges Gut ein, die Lust aus der Befriedigung leiblicher Bedürfnisse ist für ihn sogar ohne Wert. Außerdem ist für Platon ein Mensch nur dann glücklich, wenn alle drei Teile seiner unsterblichen Seele im Gleichgewicht sind und sich nicht widersprechen: Die Vernunft, der Wille und das Begehren.
Fresko von Platon in einer griechisch-orthodoxen Kirche
Platon: Ethische Lebensführung als Voraussetzung für das Glück
Auf welche Grundsätze sollte sich nun die ethische Lebensführung stützen durch die man Eudaimonie erreichen kann? In der Rangliste von Platons Ethik nimmt die „Idee“ des Guten den höchsten Wert ein, die es anzustreben gilt. Damit meint er im Sinne seiner Ideenlehre das vollkommene, absolute Gute an sich, das außerhalb der Erscheinungen und Sinneswahrnehmungen existiert. Die Erkenntnis einer platonischen Idee erfordert intellektuelle und ethische Qualitäten.
Der Betrachter muss seine seelische Beschaffenheit dem, was er begehrt, angleichen, indem er es nachahmt. Er muss also selbst gut und tugendhaft werden, um sich dem Guten annähern zu können. Dazu ist die Hinwendung der ganzen Seele zum Guten notwendig, also mit der Vernunft, dem Willen und mit dem Begehren. Hintergrund ist Platons Annahme, dass die unsterbliche Seele ihrer Natur nach dem Göttlichen verwandt ist, ihre gegebene gottähnliche Qualität jedoch eingebüßt hat. Wenn es der Seele gelingt, ihre gottähnliche Qualität wiederzugewinnen, kann sie an der Seligkeit der Götter teilhaben.
„Zeus führt uns der Weisheit Pfad, Leid ist Lehre, ewig steht dies Wort. Statt schmerzvergessendem Schlaf rieselt die Qual zum Herzen und widerstrebend werden wir klug.
Gewaltsam führen die Götter die Ruder, verleihen die Weisheit“
Platon: Jeder Mensch strebt nach dem Guten
In Platons Schriften spielt die Eudaimonie eine wichtige Rolle. Insbesondere in den berühmten „Dialogen“ wie „Symposion“ oder „Gorgias“, in denen sein Lehrer Sokrates häufig als Schlüsselfigur auftritt. Wichtige Kernaussagen sind folgende.
Jeder Mensch strebt nach dem Guten. Wer dieses Ziel erreicht, verwirklicht die Eudaimonie. Sie ist das höchste Ziel und nicht Mittel zur Erreichung eines anderen, höheren Ziels, sondern Selbstzweck.
Gute Seelen sind tugendhaft, sie zeichnen sich durch Besonnenheit, Selbstdisziplin, Beherrschtheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit aus und handeln daher richtig. Sie führen ein gelungenes Leben und befinden sich im Zustand der Eudaimonie. Dagegen sind schlechte Seelen zügellos, maßlos, unbesonnen. Wer es versäumt, die chaotischen Begierden seiner Seele der Herrschaft der Vernunft zu unterstellen, der landet zwangsläufig im Unglück – auch dann, wenn er äußerlich erfolgreich ist und niemand ihn zur Rechenschaft zieht.
In einem weiteren kurzen Monolog vertritt Kallikles Ähnliches. Ein Mensch, der jemand anderem dient, kann nicht glückselig sein. Von Natur aus schön und recht ist es, seine Begierden mit Tapferkeit und Einsicht voll zu befriedigen. Weil die meisten Menschen dazu aus Unvermögen einfach nicht im Stande sind, verbieten sie es auch den Besseren und loben das Maßhalten und die Gerechtigkeit. „Denn denen, welche entweder schon ursprünglich Söhne von Königen waren, oder welche kraft ihrer eigenen Natur vermochten sich ein Reich oder eine Macht und Herrschaft zu gründen, was wäre wohl unschöner und übler als das Maßhalten für diese Menschen, wenn sie, daß sie des Guten genießen könnten, und ihnen niemand im Wege steht, sich selbst einen Herren setzten, nämlich des großen Haufens Gesetz, Geschwätz und Gericht. […] Üppigkeit, Zügellosigkeit und Freigebigkeit, wenn sie nur Rückhalt haben, sind eben Tugend und Glückseligkeit, jenes andere aber sind Zierereien, widernatürliche Satzungen, leeres Geschwätz der Leute und nichts wert.“
Eine radikale Gegenposition dazu vertritt im Dialog „Gorgias“ Sokrates Gesprächspartner Kallikles. Für ihn kommt die Zügelung der Begierden einem Verzicht auf das Leben gleich. Nach seiner Weltanschauung kann nur der Freie glücklich sein, der andere beherrscht und selbst niemandem dienen muss. Für Kallikles ist die Lust, das ungehemmte Ausleben und die Befriedigung der Begierden das höchstrangige Ziel. Allerdings erwartet er keinen andauernden Glückszustand durch ständige, statische Eudaimonie, da das Leben nur durch einen fortwährenden Wechsel von Lust und Unlust angenehm sein kann.
Kallikles kritisiert Erwachsene, die sich immer noch mit Philosophie beschäftigen. Er befürwortet es dabei ausdrücklich, wenn junge Leute Philosophie betreiben: „Wenn ich Knaben und Jünglinge bei der Philosophie antreffe, so freue ich mich, ich finde daß es ihnen wohl ansteht, und glaube, daß etwas edles in solchen ist, den aber der nicht philosophiert halte ich für unedel […]. Wenn ich dagegen sehe, daß ein Alter noch philosophiert, und nicht davon loskommen kann, solcher Mann, o Sokrates, dünkt mich, müßte Schläge bekommen.“ Als Erwachsener soll man von der Philosophie ablassen, um nicht in wichtigen Dingen unerfahren zu bleiben, wie in den Gesetzen des Staates und dem Umgang mit den Mitmenschen. Wollen reine Philosophen in öffentlichen Verhandlungen das Wort ergreifen, ein Geschäft gründen oder sich in den Dienst des Staats stellen, machen sie sich ebenso lächerlich wie ein Staatsmann in philosophischen Versammlungen. Man soll sich als Philosoph weder vor anderen Aufgaben verstecken, noch alles andere als die Philosophie schlecht machen, nur weil man nichts davon versteht. Kallikles gibt Sokrates, dem er wohlgesinnt sei, den Rat, mit der Philosophie aufzuhören. Sokrates könnte sich noch nicht einmal vor Gericht verteidigen, selbst wenn er einen „ganz gemeinen und erbärmlichen Menschen zum Ankläger“ hätte, würde er die Todesstrafe ausfassen. So lässt Platon Kallikles sagen: „Darum, du Guter, gehorche mir, hör auf zu lehren, übe im Wohlklang lieber dich von schönen Taten, in dem, wodurch du weise erscheinst, laß Andern jetzt dies ganze herrliche, soll ich es Possenspiel nennen oder Geschwätz, weshalb dein Haus armselig, leer und verödet steht, und eifere nicht denen nach, die solche Kleinigkeiten untersuchen, sondern die sich Reichtum erwerben und Ruhm, und viel anderes Gute.“
Im Dialog Euthydemos geht es um die Bedeutung von Weisheit und Wissen. Alle Menschen streben danach, dass es ihnen gut geht. Gutes Leben bedeutet nach konventionellem Verständnis eine reichliche Ausstattung mit „Gütern“, wie Reichtum, Gesundheit, Schönheit, Macht und Ansehen, aber auch mit Tugenden wie Besonnenheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit sowie Weisheit. Als wichtigstes Gut gilt der Erfolg.
Sokrates zieht folgende Schlussforderung: Erfolg ist nur für den erreichbar, der über das erforderliche Wissen verfügt. Deswegen benötigt der Mensch Wissen und Einsicht am dringendsten. Da der Wissende die Zusammenhänge versteht, handelt er immer richtig und ist in allem erfolgreich.
Reichtum und Macht erhalten einen Wert erst dadurch, dass man von ihnen den richtigen Gebrauch macht, und dies setzt ein richtiges Verständnis voraus. Wer dieses besitzt, handelt vernünftig und weise, und seine äußeren Güter gereichen ihm zum Vorteil.
Wer hingegen über keine Einsicht und Weisheit verfügt, dem schaden seine Ressourcen sogar. Die Dinge sind an sich weder gut noch schlecht, erst die Weisheit macht sie zu Gütern und die Torheit zu Übeln. Daher ist es die Aufgabe jedes Menschen, in erster Linie Weisheit anzustreben. Wenn ihm dies gelingt, erlangt er die Eudaimonie.
Zitate von Platon:
Glücklich sind die Menschen, wenn sie haben, was gut für sie ist.
Sich selbst zu kennen, ist die erste aller Wissenschaften.
Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, aber einen sicheren Weg zum Misserfolg: Es allen Recht machen zu wollen.
Ist der Mensch mäßig und genügsam, so ist auch das Alter keine schwere Last, ist er es nicht, so ist auch die Jugend voller Beschwerden.
Denken was wahr, und fühlen was schön, und wollen was gut ist: darin erkennt der Geist das Ziel des vernünftigen Lebens.
Den Guten nenne ich glücklich. Wer aber Unrecht tut, den nenne ich unglücklich.
Platon war zwar der prominenteste, aber keineswegs einzige Verehrer des Sokrates. Zwei von ihnen fielen durch besonders freimütige Meinungen auf: Antisthenes (ca. 445-365 v. Chr.) und Diogenes von Sinope.
Antisthenes predigte die Rückkehr zur Natur und verdammte Religion, Regierungen sowie jeglichen Luxus, weil sie den Menschen daran hinderten, tugendhaft zu werden. Tugend aber sei keine abstrakte Qualität, sondern liege in dem, was man tue. Existent war für ihn nur das, was er mit den Sinnen wahrnehmen konnte, Begriffskonstrukte wie die Ideen seines Kollegen Platon hielt er für leeres Gerede. „Reichtum ist nicht ein materielles Gut, sondern ein Seelenzustand“, soll Antisthenes gesagt haben. „Denn sonst würden einige, die viel besitzen, nicht Gefahr und Mühe auf sich nehmen, noch mehr anzuhäufen. Ich dagegen schlafe, esse und trinke, wo es mir gefällt, und ich habe das Gefühl, dass mir die ganze Welt gehört.“
Noch unabhängiger als Antisthenes trat in Athen dessen Schüler Diogenes auf, der ebenfalls überhaupt nichts von Konventionen hielt. Er bettelte sich das Notwendigste zusammen und pflegte, so die Überlieferung, in einem großen Fass zu wohnen (das ihm die Athener Bürgerschaft, nachdem es ihm jemand zerschlagen hatte, respektvoll ersetzte). Weil sie unfrei mache, verachtete er jegliche Lust – weshalb er in aller Öffentlichkeit masturbiert haben soll. Radikaler noch als sein Lehrer lehnte Diogenes Staat und Gesetz ab und hielt sehr auf Distanz zu den Mächtigen: Als Alexander der Große, der ihn bewundert haben soll, der Legende nach auf ihn traf und fragte, was er für ihn tun könne, antwortete der Philosoph mit arroganter Bescheidenheit: „Geh mir aus der Sonne.“
Aristoteles: Glück durch Selbstverwirklichung
Nach Aristoteles (von 384 v. Chr. bis 322 v. Chr.), einem der bedeutendsten Philosophen der Geschichte und Schüler Platons, liegt der Weg zum Glück in der Selbstverwirklichung. Jedes Lebewesen, jeder Organismus und jedes Sein trägt ursprünglich ein Ziel und einen Zweck in sich selbst, der danach strebt, sich im ganzen Umkreis seiner Möglichkeiten zu verwirklichen. Der Keim drängt dazu, Pflanze zu werden. Er muss es werden, will er sich verwirklichen.
Gestorben ist der 384 v. Chr. im thrakischen Stageira geborene Aristoteles als Emigrant – was mit seinen engen Beziehungen zum makedonischen Herrscherhaus zusammenhing: Sein Vater war Leibarzt des Königs Amyntas III. gewesen, und dessen Erbe Philipp II. engagierte Aristoteles im Jahr 343 als Erzieher seines damals 13-jährigen Sohnes Alexander, den man später den Großen nannte. Davor hatte Aristoteles 20 Jahre lang bei Platon an dessen Athener Akademie studiert und schließlich dort auch eigene philosophische Thesen verkündet.
Wie der ganzen Natur, so wohnt auch dem Menschen die Kraft der Selbstverwirklichung inne. Jedes Lebewesen trägt Zweck und Ziel in sich selber und entfaltet sich dieser seiner inneren Zielstrebigkeit gemäß. Was sich so am einzelnen Organismus zeigt, überträgt Aristoteles auf sein Bild von der ganzen Natur.
Alles was ist, strebt danach, sich in der Fülle seiner Möglichkeiten, auf die hin es angelegt ist, zu verwirklichen. Die ganze Welt drängt zu ihrer eigensten Vollkommenheit. Die Welt ist von einem Drang zur Vollkommenheit durchwaltet. Die Natur selbst ist nichts anderes als dieser Drang, sie ist ein ungeheures Geschehen der Selbstverwirklichung und Selbstvervollkommnung.
Das gilt auch für den Menschen. Seine Bestimmung ist, dass er so sehr wie möglich verwirklicht und zur Vollendung bringt, was er vom Wesen her ist. Der Mensch ist aus dem Grunde seines Wesens heraus gut, seine sittliche Aufgabe besteht darin, die ursprüngliche Güte seines Wesens zu verwirklichen. Im Unterschied zum Tier besitzt der Mensch Geist, Vernunft und Logos. Der Sinn des menschlichen Daseins liegt darin, dass er die Vernunft ausbildet und zur Welterkenntnis findet.
Für Aristoteles ist die Glückseligkeit (Eudaimonie) das höchste Gut, sie ist ein seelisches Glück. Im Gegensatz zu anderen Gütern, die lediglich Mittel zum Zweck sind, erstreben wir Glückseligkeit um ihrer selbst willen. Deswegen ist sie für Aristoteles, „das vollkommene und selbstgenügsame Gut und das Endziel des Handelns.“
Aristoteles: Die Nikomachische Ethik als Leitfaden zu Eudaimonie und Glück
In seinem Werk der Nikomachischen Ethik will Aristoteles einen Leitfaden geben, wie man ein guter Mensch werden und ein Leben im Sinne der Eudaimonia führen kann. Nach Aristoteles ist derjenige glückselig, der die in ihm liegenden Tugenden und Tüchtigkeiten innerhalb der Gemeinschaft und dem Staat von Natur aus entfaltet. Beim Handeln kommt der Vernunft zu, die Herrschaft auszuüben. Sittlich ist nur ein handeln, das sich nicht blindlings von den Leidenschaften leiten lässt, sondern durch die Vernunft und Besonnenheit.
Um Glückseligkeit zu erlangen, sind nicht nur Vernunft und Tugenden nötig, sondern auch äußere, körperliche und seelische Güter:
- Zu den äußeren Gütern zählen etwa Reichtum, Freundschaft, Herkunft, Nachkommen, Ehre und ein günstig gestimmtes persönliches Schicksal. Diese ordnet Aristoteles dem zufälligen Glück zu.
- Körperliche Güter sind Gesundheit, Schönheit, physische Stärke und Sportlichkeit. Diese hängen zum Teil vom Zufall ab (etwa durch Veranlagung), zum Teil von eigenem Handeln (etwa durch Sport oder Ernährung).
- Aus der vernunftgemäßen Betätigung der Seele ergeben sich die seelischen Güter, die Tugenden, die nur von wirklich guten Menschen erlangt werden können. Alles zusammen macht für Aristoteles einen vollkommen glücklichen Menschen aus.
Die ethischen Tugenden (wie Tapferkeit, Besonnenheit) beziehen sich auf den richtigen Umgang mit den Leidenschaften, auf die Steuerung des irrationalen, triebhaften Teils der Seele. Bei den ethischen Tugenden gilt es, die richtige Mitte zwischen Übermaß und Mangel zu finden. Am Beispiel der Tapferkeit zeigt er das auf: Die Tapferkeit bewegt sich zwischen den Extremen der Feigheit und der Tollkühnheit – beides ist nicht wünschenswert. Der Tapfere hält das richtige Maß.
Zitate von Aristoteles
(Es gibt) zwei Dinge, auf denen das Wohlgelingen in allen Verhältnissen beruht. Das eine ist, dass Zweck und Ziel der Tätigkeit richtig bestimmt sind. Das andere aber besteht darin, die zu diesem Endziel führenden Handlungen zu finden.
Das Denken für sich allein bewegt nichts, sondern nur das auf einen Zweck gerichtete und praktische Denken.
Freude an der Arbeit lässt das Werk trefflich geraten.
Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen.
Seine Trefflichkeit, welcher Art sie auch sei, ungehindert üben zu können, ist das eigentliche Glück.
Denn eine Schwalbe macht noch keinen Frühling und auch keinen Tag; ebenso macht auch ein einziger Tag oder eine kurze Zeit niemanden gesegnet oder glücklich.
Der wahre Mensch wählt das Maß und entfernt sich von den Extremen, dem Zuviel und dem Zuwenig.
Alles, was uns von Natur zuteil wird, das tragen wir zuerst potenziell in uns, und erst später aktualisieren wir es, wie man an den sinnlichen Wahrnehmungen sehen kann.
Ja, die Liebe ist eine Macht, die alles ordnet, alles an seinen Platz stellt, allem einen Sinn gibt und eine Bedeutung und Wichtigkeit.
Gut und rechtschaffen aber werden die Menschen durch dreierlei: durch Naturanlage, Gewöhnung und Vernunft.
Der Grundzug des gegenwärtigen Zeitalters ist die nihilistische Angst vor totaler Sinnlosigkeit: Es ist nichts mehr mit den Wert-, Ziel- und Sinnvorgaben von Platonismus und Idealismus, von Moralismus und Christentum und nichts mit der Wahrheit von Mythos, Religion und Metaphysik. Unser Weltalter ist durch Verwissenschaftlichung, Werte- und Vertrauensverfall, Seins- und Gottverlassenheit in eine Krise gestürzt. Das zeigen Nietzsches Diagnose des pathologischen Nihilismus, Camus‘ Beschreibung des Absurden, Heideggers Phänomenologie der Angst und des Nichts. Das führt in das Spannungsfeld der Umweltkrise zwischen der Idyllisierung der Natur (Rousseau), der technischen Entstellung der Erde (Heidegger) und der totalen Ehrfurcht vor dem Leben (Schweitzer). Das entlädt sich in der Mitweltkrise der entfremdeten Arbeitswelt (Marx), dem Terror der Tugend (Robespierre), in Nietzsches Vision des Über- und Herrenmenschen und im Schrecken des Nationalsozialismus. Und die Gotteskrise kommt eindringlich zu Wort in der Klage der Götterferne (Hölderlin), der Fragwürdigkeit der Entmythologisierung (Schelling/Bultmann) und in der Gott-ist-tot-Theologie (von Altizer bis Sölle) im Anschluß an den Verzweiflungsruf „Gott ist tot“ (von Plutarch bis Nietzsche).
Glücks-Philosoph Epikur: Lust und Lebensfreude als Prinzip eines gelingenden Lebens
Zu den wichtigen Glücksphilosophen der Antike zählt Epikur (von 341 v. Chr. bis 270 v. Chr.). Er sieht in der Lust und Lebensfreude das Prinzip eines gelingenden Lebens. Dabei meint er eher eine stabile Daseinslust, als vorübergehende, dynamische Lustgefühle. Auch sollte Lust nicht allein im Sinne des grobsinnlichen Vergnügens gesehen werden, sondern vor allem auf die feinen Verzückungen des Geistes, wie Gespräche, Musik, das Betrachten von Kunstwerken und auch das Philosophieren. Zu einem lustvollen Leben gehören für ihn eine tugendhafte, kluge, schöne und gerechte Lebensweise.
Wolfgang Janke ist emeritierter Universitätsprofessor. Als Summe seiner philosophischen Forschungsarbeit liegen neuerdings vor: Kritik der präzisierten Welt, 1999; Das Glück der Sterblichen. Eudämonie und Ethos, Liebe und Tod, 2002; Archaischer Gesang. Pindar – Hölderlin – Rilke, 2005; Plato. Antike Theologien des Staunens, 2007 (bei K&N).
Archaischer Gesang: Pindar – Hölderlin – Rilke. Werke und Wahrheit
Die Untersuchung behandelt thematisch die archaischen Gesänge Pindars, Hölderlins und Rilkes im Lichte einer neu entwickelten Wahrheitstheorie. Das bringt die ,reifarchaische‘ Chorlyrik Pindars, deren ,vaterländisch‘-archaische Übertragung durch Hölderlin und den orphischen Nachgesang Rilkes zur Sprache: in zentralen Werken wie Pindars Theia-Lied oder Tych-Ode, Hölderlins Elegie Brod und Wein oder die Feiertagshymne, Rilkes Duineser Elegien und Sonette an Orpheus. Die erneute Auslegung und Diskussion – unter Berücksichtigung von historischem Kontext und gegenwärtigem Forschungsstand – dient dazu, diese hermetischen und durch vielfache Vorurteile verstellten Werke in ihrer Welt und Dasein erschließenden Sprachkraft auch für Nichtfachgelehrte zugänglich und verstehbar zu machen.
Für ihn ist die natürliche Richtung menschlichen Strebens Lust zu suchen und Unlust zu vermeiden. Die starken Schwankungen, denen das Lust- und Glücksempfinden ausgesetzt ist, sollten durch Vernunft und Einsicht unter Kontrolle gebracht und allmählich in stetigere Bahnen gelenkt werden.
Anders als bei Aristippos ist Glück ist für Epikur eher ein Freisein von Unlust als eine bedingungslose Hingabe an die Lust. Ziel ist es durch Schmerzvermeidung einen Zustand physischer Schmerzfreiheit zu erlangen.
Allerdings gelingt das nicht durch übermäßigen Genuss der weltlichen Güter oder Schwelgerei, sondern durch strategische Reduktion auf die notwendigsten Bedürfnisse. Deswegen empfiehlt er den Weg des kleinen Glücks, da extreme Lust auch immer extreme Unlust nach sich ziehen kann.
Epikur: Die wahre Lust liegt in einem ruhigen Gleichmaß der Seele
Die wahre Lust besteht für Epikur in einem ruhigen Gleichmaß der Seele. Das ist nur zu erreichen, wenn man die Leidenschaften zum Schweigen bringt. Furcht, Schmerz und Begierden sind für Epikur die drei großen Klippen, die umschifft werden müssen, damit dauerhaft Lebenslust und Seelenruhe herrschen können. Dabei setzt er sich auch mit der Furcht vor dem Tod auseinander – anders als bei Platon oder Aristoteles glaubt er jedoch nicht an eine unsterbliche Seele, die den Tod überdauert.
Epikur: Der Sinnenfreund
Seit jeher reklamieren die Hedonisten, die Glücksjäger um jeden Preis, den Philosophen Epikur als Anwalt des individuellen Lustgewinns und somit als eigentlichen Erfinder der Spaßgesellschaft. Doch in Wahrheit ist der um 340 v. Chr. auf Samos geborene Sohn eines Lehrers der wohl am meisten missverstandene Sittentheoretiker.
Andererseits: Ganz zweifellos hat Epikur die Sinne aufs höchste geschätzt, aber nicht so sehr als Instrumente der körperlichen, sondern in erster Linie der geistigen Lust – als Mittel zur Erkenntnis der Wirklichkeit. Während für Platon die sinnlichen Phänomene kein gültiges Wissen vermittelten, waren sie für Epikur die einzigen überhaupt, mit deren Hilfe das gelingt.
„Gewöhne dich daran zu glauben, dass der Tod keine Bedeutung für uns hat. Denn alles, was gut, und alles, was schlecht ist, ist Sache der Wahrnehmung. Der Verlust der Wahrnehmung aber ist der Tod. Daher macht die richtige Erkenntnis, dass der Tod keine Bedeutung für uns hat, die Vergänglichkeit des Lebens zu einer Quelle der Lust, indem sie uns keine unbegrenzte Zeit in Aussicht stellt, sondern das Verlangen nach Unsterblichkeit aufhebt… Das schauerlichste aller Übel, der Tod, hat also keine Bedeutung für uns; denn solange wir da sind, ist der Tod nicht da, wenn aber der Tod da ist, dann sind wir nicht da.“
Zudem hält er den Wert wahrer Freundschaft für kaum überschätzbar für ein Leben in süßer Glückseligkeit: „Freundschaft kann man von der Lust nicht trennen, deshalb muss man sie pflegen. Denn wenn es ohne sie nicht möglich ist, sicher und ohne Furcht zu leben, kann man ohne sie auch unmöglich lustvoll leben.“ In kleinen Zirkeln sich organisieren und in freundschaftlicher Atmosphäre leben, empfiehlt Epikur, fernab jeglicher staatspolitischer Umtriebigkeit. „Lebe im Verborgenen“, lautet deshalb eine weitere Maxime dieses Philosophen, der – für die damalige Zeit absolut bemerkenswert – auch Frauen und Sklaven in seiner Gemeinschaft willkommen hieß.
Doch nicht nur im Umgang mit ihnen lebte er eine nonkonformistische Lebensart vor. Auch den Göttern gegenüber verhielt sich Epikur provokant neutral. Er plädiert auch hier für ein möglichst hohes Maß an Furchtlosigkeit und Autonomie: „Es ist sinnlos, etwas von den Göttern zu erbitten, das man sich selbst verschaffen kann.“ Lediglich als Vorbilder sollen sie dienen, denn “die Gottheit erfreue sich allerhöchster Glückseligkeit und Muße, und weder kenne sie selbst Sorgen noch bereite sie solche einem anderen.” Eine Beschreibung, die nicht zuletzt an den unsterblichen Lebenskünstler Epikur selbst erinnern lässt.
Der richtige Umgang mit Begierden, Gelüsten und Leidenschaften
Beim richtigen praktischen Umgang mit den Begierden, Gelüsten und menschlichen Bedürfnissen unterscheidet Epikur drei Kategorien: „Die Begierden sind teils natürlich und notwendig, teils natürlich und nicht notwendig, teils weder natürlich noch notwendig, sondern durch leere Meinung begründet.“
- Die natürlichen und notwendigen Bedürfnisse: Nur die Erfüllung von Grundbedürfnissen wie Essen, Trinken und Kälteschutz galt Epikur als unabdingbar für den Genuss des Daseins.
- Die natürlichen und nicht notwendigen Bedürfnisse: Dazu zählt er die sexuelle Lust, die zwar natürlichen Ursprungs, aber nur in Maßen der stabilen Daseinslust (im Gegensatz zum kurzen und vergänglichen Lusterlebnis) dienlich und im Zweifel durchaus verzichtbar.
- Die weder natürlichen noch notwendigen Bedürfnisse: Luxusbedürfnisse gründen letztlich in „leerer Meinung“, das heißt in Unvernunft, und können schädliche Abhängigkeiten zur Folge haben.
Auch die Unabhängigkeit von äußeren Dingen halten wir für ein großes Gut, nicht um uns in jeder Lage mit Wenigem zufrieden zu geben, sondern um, wenn wir das Meiste nicht haben, mit Wenigem auszukommen, weil wir voll davon überzeugt sind, dass jene, die den Überfluss am meisten genießen, ihn am wenigsten brauchen, und dass alles Natürliche leicht, das Sinnlose aber schwer zu beschaffen ist und dass eine einfache Brühe die gleiche Lust bereitet wie ein üppiges Mahl und dass Wasser und Brot die höchste Lust bereiten, wenn man sie zu sich nimmt, weil man Hunger hat. Die Gewöhnung an einfache und nicht üppige Nahrung dient also einerseits in jeder Hinsicht der Gesundheit und nimmt andererseits auch dem Menschen die Sorgen angesichts der Grundbedürfnisse des Lebens, stärkt uns, wenn wir uns in Abständen an üppige Tafeln begeben, und macht uns furchtlos gegenüber dem Schicksal.
Einen hohen Stellenwert hat für Epikur die Freundschaft: „Von allem, was die Weisheit für die Glückseligkeit des ganzen Lebens bereitstellt, ist der Gewinn der Freundschaft das bei weitem Wichtigste.“ Dagegen folgt er anders als Aristoteles der Losung „Lebe im Verborgenen!“ und sieht den Seelenfrieden durch das Ausüben politischer Ämter gefährdet. Er zieht den Rückzug aus der Öffentlichkeit ins Private vor und genießt den Austausch mit seinen Freunden.
Zitate von Epikur
Der größte Lohn der Selbstgenügsamkeit ist die Freiheit.
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinen Reichtümern hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Nichts genügt dem, welchem genug zu wenig ist.
Wem das Seinige nicht ausreicht, der ist arm, auch wenn er der Herr der ganzen Welt wäre.
Keinem der Toren genügt das, was er besitzt; er jammert viel mehr um das, was er nicht hat.
Ich wüsste nicht, was ich mir überhaupt noch als ein Gut vorstellen kann, wenn ich mir die Lust am Essen und Trinken wegdenke, wenn ich die Liebesgenüsse verabschiede und wenn ich nicht mehr meine Freude haben soll an dem Anhören von Musik und dem Anschauen schöner Kunstgestaltungen.
Ein einziger Grundsatz wird dir Mut geben, nämlich der Grundsatz, dass kein Übel ewig währt, ja nicht einmal sehr lange dauern kann.
Viele gerieten zu Reichtum und haben damit nicht eine Befreiung von den Übeln gewonnen, sondern vielmehr eine Umwandlung in noch größere.
Achtet des einzigen, das Ihr habt: Diese Stunde, die jetzt ist. Als ob Ihr Macht hättet über den morgigen Tag! Wir ruinieren unser Leben, weil wir das Leben immer wieder aufschieben.
Das Betreuungsteam der griechischen Philosophen ist auf dem Weg zu Dir.
Der Stoiker Zenon von Kition: Die Tugend als höchstes Lebensprinzip
Eine vollkommen andere Vorstellungen vom Glück als Epikur hat Zenon von Kition (etwa von 332 v. Chr. bis 262 v. Chr.), den Begründer der Stoiker. Sie lehnen die Lust ab und sehen in der Tugend das höchste Lebensprinzip. Nach Zenon muss das Ziel des Menschen sein, tugendhaft zu leben und nicht seinen Begierden nachzugeben. Den Wechselfällen des Lebens muss man mit einer souverän-gelassenen, philosophischen, eben „stoischen“ Haltung ruhig begegnen.
Das wichtigste Ideal seiner Philosophie ist die Apatheia, die er „die Abwesenheit von Affekten“ nannte. Sie ist nach Zenon am besten zu erreichen durch Gleichgültigkeit gegen Schmerz und Lust gleichermaßen. Wirkliche Freiheit besteht nur in Unabhängigkeit vom äußeren Geschick wie auch von den eigenen Leidenschaften und Wünschen. Durch Kontrolle der Affekte erwirbt der Stoiker auch Weisheit.
Das Lebensideal des Stoikers ist die Leidenschaftslosigkeit und die Unerschütterlichkeit gegenüber den Schlägen des Schicksals. Es kommt darauf an, dass der Mensch der Vernunft in seinem Inneren gehorcht und seine Pflicht erfüllt.
Zitate von Zenon
Es gibt ein Sittengesetz als das Gebot der höchsten Vernunft, das befiehlt, was zu tun und verbietet, was zu lassen ist.
Der Charakter ist die Quelle des Lebens, aus der die einzelnen Handlungen fließen.
Lust ist das unvernünftige Frohgefühl über eine scheinbar begehrenswerte Sache.
Das Ziel des Lebens ist ein Leben im Einklang mit der Natur.
Fazit: Die griechische Philosophie und das Glück
Die griechischen Philosophen der Antike haben ein wichtiges Fundament für die Philosophie des Glücks geschaffen. Sie liefern wichtige Anregungen für unsere eigene, persönliche Suche nach dem Glück und zeigen verschiedene Wege auf. Trotz aller Gegensätze spielen Vernunft, Weisheit, Beherrschtheit und eine Kontrolle der Leidenschaften eine wichtige Rolle. Dabei steht das Ziel eines langanhaltenden glückseligen Zustandes eines gelingenden Lebens im Vordergrund, nicht die ständige Jagd nach kurzfristigen und schnell wieder vergänglichen Glücks-Kicks.