Wie Blutdruck und psychische Gesundheit zusammenhängen
Ein deutsches Forschungsteam veröffentlichte neuste Erkenntnisse, die zunächst erstaunlich klingen: Ein hoher Blutdruck hilft Betroffenen offenbar dabei, körperlichen und psychischen Schmerz sowie größeren Stress besser zu ertragen. Langfristig scheint dies jedoch die Entstehung von Bluthochdruck zu begünstigen.
Forschende des Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften haben eine komplexe Wechselwirkung zwischen der psychischen Gesundheit und unserem Herz-Kreislauf-System näher beleuchtet. Ihre Ergebnisse präsentierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun in dem renommierten Fachjournal „Nature Communications“.
Zusammenhang zwischen Hypertonie und Psyche
Bereits in vorherigen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Bluthochdruck nahegelegt. Die Ergebnisse hierzu waren zum Teil jedoch gemischt oder sogar widersprüchlich.
Um einen möglichen Zusammenhang zu klären, hat die Arbeitsgruppe des Max-Planck-Instituts mithilfe umfangreicher medizinischer Daten die Beziehung zwischen psychischer Gesundheit, erhöhtem Blutdruck und Bluthochdruck bei Mitte 60-Jährigen tiefgehend analysiert.
Hoher Blutdruck macht Stress erträglicher
Dabei stieß das Team auf eine Verbindung, die zunächst widersprüchlich erscheint. Offenbar hilft hoher Blutdruck dabei, Stress, Schmerz und psychisches Leid besser zu ertragen.
„Wir konnten zeigen, dass ein höherer Blutdruck mit weniger depressiven Symptomen, größerem Wohlbefinden und geringerer emotionsbezogener Gehirnaktivität verbunden ist“, bestätigt Studienerstautorin Lina Schaare.
Ein zweischneidiges Schwert
Doch dieser vermeintlich positive Effekt entpuppt sich laut der Studie als ein zweischneidiges Schwert. „In der Klinik beobachten wir, dass die Betroffenen sich häufig müde und abgeschlagen fühlen und dann ihre Medikamente gegen den höheren Blutdruck nicht nehmen, weil das zusätzlich auf die Stimmung schlägt“, berichtet Arno Villringer, der Letztautor der Studie.
Die Forschenden vermuten, dass sich Patientinnen und Patienten mit hohem Blutdruck vorübergehend mental besser fühlen als mit niedrigerem Blutdruck und durch „Verstärkungslernen“ daher den höheren Blutdruck bevorzugen.
„Denn bei höherem Blutdruck steigt auch die Schmerzschwelle“, erklärt Villringer. Das gelte nicht nur für körperlichen, sondern auch für sozialen Schmerz oder größeren Stress. „Sie halten den Schmerz oder Stress also aus und werden dann zehn Jahre später mit einer Hypertonie diagnostiziert“, folgert der Wissenschaftler.
Grundlage für neue Behandlungsansätze
Die Erkenntnisse bieten nach Ansicht der Forschungsgruppe eine Grundlage für neue Überlegungen über den Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und die Ursachen einer Hypertonie. Langfristig könnten daraus neue Behandlungsansätze bei Bluthochdruck, aber auch bei psychischen Erkrankungen wie Depression abgeleitet werden.