»Emotionale Dringlichkeit« scheint eine wichtige Rolle bei der bipolaren Erkrankung zu spielen. Das berichten Forscher und Forscherinnen der Nationalen Universität Singapur in einer Übersichtsarbeit. Personen, bei denen diese Eigenschaft stark ausgeprägt ist, reagieren oft impulsiv auf starke Gefühle – seien es negative oder positive.
Das Team um Wen Lin Teh fasste zehn zuvor veröffentlichte Studien zusammen, in denen diese Facette der Impulsivität und ihre Bedeutung bei bipolarer Störung untersucht wurden. Es zeigte sich, dass bipolar erkrankte Patientinnen und Patienten deutlich stärkere emotionale Dringlichkeit verspüren als gesunde Menschen. Der empfundene Druck, auf negative Gefühle zu reagieren, war umso stärker, je mehr die Betroffenen emotionalen Missbrauch und Vernachlässigung erfahren hatten.
Negative emotionale Dringlichkeit hing außerdem mit Suizidgedanken und Reizbarkeit zusammen; auch zu Kleptomanie und pathologischem Glücksspiel fand sich eine Verbindung. Positive Emotionen als sehr dringlich zu erleben, scheint aber ebenfalls ungünstig zu sein: Höhere Ausprägungen gingen mit einer geringeren Lebensqualität einher, und diese Patienten waren weniger gut in der Lage, ihren Alltag zu meistern, etwa in Bezug auf den Job oder soziale Beziehungen.
Die Studienautoren weisen darauf hin, dass emotionale Dringlichkeit die Behandlung einer psychischen Erkrankung erschwert. Dialektisch-behaviorale und kognitive Verhaltenstherapie könnten diese besonders belastende Facette von Impulsivität allerdings positiv beeinflussen.