Nur ein (1) Leben

Interview mit Janice Jakait

Janice Jakait hat Ihren Job als IT-Beraterin an den Nagel gehängt und 2011 als erste Deutsche allein in einem Ruderboot den Atlantik überquert. In 90 Tagen legte sie mit Muskelkraft 6.500 gefahrvolle Kilometer über den Ozean zurück, von Portimao in Portugal bis nach Barbados in der Karibik. Ihre Erlebnisse hat Sie in dem packenden Spiegel-Bestseller „Tosende Stille“ beschrieben. In ihrem zweiten Buch „Freut euch nicht zu spät – Warum das zweite Leben beginnt, wenn man begreift, dass man nur eines hat“ geht es um die große Reise nach innen und um das große Abenteuer, bei sich selbst anzukommen. Im Interview erklärt sie, wie die Zeit auf dem Ozean ihre Sicht auf das Leben verändert hat, was wirklich zählt im Leben und wie wir zu uns selbst und unserem wahren Lebenssinn finden können.

Frau Jakait, was hat Sie vor ein paar Jahren dazu bewogen, Ihr bisheriges Leben aufzugeben und im Alleingang die lebensgefährliche Reise über den Atlantik anzutreten?

Jakait: Wenn ich ehrlich bin, war das keine „Mutleistung“, sondern eher eine Flucht. Eine Flucht vor der eigenen Verzweiflung. Mich hat die Hoffnung angetrieben, auf dem Ozean Frieden und den eigenen Lebenssinn zu finden. Obwohl mein Leben von außen betrachtet geregelt und glücklich schien, hatte ich dennoch mit Sinnkrisen zu kämpfen. Ich hatte einen sicheren Job als IT-Beraterin, eine Beziehung, war finanziell abgesichert und hatte ein Dach über dem Kopf.

Die äußeren Umstände waren gut, aber irgendetwas stimmte mit meiner Einstellung nicht. Irgendwie reichten mir all diese Dinge nicht. Ich habe vor mich hingelebt und bin mit nichts wirklich glücklich geworden. Ich wusste einfach nicht, was in meinem Leben nicht stimmt und was ich verändern soll. Da musste doch einfach noch mehr sein, ein tieferer Sinn, ein Grund – einfach mehr Leben!

Inspiriert hat mich die Geschichte der US-Amerikanerin Victoria Murden McClure, die 1999 als erste Frau allein über den Atlantik gerudert ist. Als ich dann eines Tages in San Francisco war und in einem Museum vor einem Ruderboot stand, hat in mir plötzlich ein intensives Gefühl gezündet. Ich spürte, das muss es sein! Ich muss einfach weg von allem, eine Auszeit nehmen und mich wirklich einmal intensiv mit mir selbst beschäftigen.

Der Ozean bietet dazu eine große Chance. Die Entscheidung habe ich nicht mit dem Kopf getroffen, sie kam aus dem Herzen. Schließlich war ich bis dahin keine Extremsportlerin und konnte noch nicht einmal gut schwimmen.

Was waren für Sie die größten Herausforderungen bei diesem Abenteuer?

Jakait: Ich wusste, dass mich auf dem offenen Meer zahlreiche Gefahren erwarten: Stürme, Unwetter, hohe Wellen, Begegnungen mit Haien und mögliche Kollisionen mit großen Containerschiffen. Aber die Wirklichkeit sieht noch einmal ganz anders aus. Die größten Herausforderungen für mich waren die Seekrankheit, die körperliche Erschöpfung und vor allem das Alleinsein, die Einsamkeit. Ich wusste, ich bin allein auf mich selbst gestellt, im Notfall kann mir kein Mensch zu Hilfe kommen. Auf dem offenen Meer stößt man oft physisch und psychisch an seine Grenzen. Man ist immer wieder mit Leben und Tod konfrontiert.

Auf dem Ozean verändert sich auch das Bewusstsein. Mir wurde bewusst, dass das Leben jederzeit vorbei sein kann. Jeder Mensch ist täglich Gefahren ausgesetzt und kann plötzlich unvermittelt mit dem Tod konfrontiert werden, sei es durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit.

Doch die meisten Menschen sind sich in ihrem Alltag dieser Gefahren und der Endlichkeit des Lebens gar nicht bewusst. Sie leben einfach vor sich hin, als würde es noch ewig so weitergehen. Doch es ist wichtig, sich der Endlichkeit des eigenen Lebens („Memento mori“) bewusst zu werden, um das Beste daraus zu machen.

Wie ist es Ihnen gelungen, die Krisensituationen auf dem Meer und die damit auch verbundene Todesangst durchzustehen?

Jakait: Das wichtigste, das ich in den Krisen auf dem Ozean gelernt habe ist: Wenn es wirklich ans Eingemachte geht, wenn wirklich eine akute Bedrohung für das Leben besteht, reagieren wir automatisch richtig. Dann entsteht in uns ein intuitives, reflexives Verhalten, das sehr viel schneller ist, als wir denken können. In größter Gefahr hat man keine Zeit lange zu überlegen, was das Richtige ist. Da passiert alles wie von selbst.

Man muss überleben, man hat gar keine Wahl. Ich habe gelernt darauf zu vertrauen, dass der Mensch einfach kann, wenn er muss. Ich weiß, ich gebe immer mein Bestes, mehr kann ich nicht tun. Es ist wie es ist. Diese Einstellung gibt einem unglaublichen Frieden. Man sollte sich mehr auf seinen Bauch, seine Reflexe und seine Intuition, als auf den Kopf verlassen.

Bis dahin war ich ein richtiger „Kontrollfreak“ und meinte, alles planen zu müssen, damit ja nichts schief gehen kann. Ich bin mit einem Angst-Radar durch die Welt gegangen und habe mir vorgestellt, wo welche Bedrohung auf mich warten könnte. Doch wir können noch so viel planen, wie wir wollen – am Ende kann trotzdem immer etwas schief gehen. Das ist die zweite wichtige Lektion die ich auf meiner Reise gelernt habe.

Es gibt einen schönen Satz des persischen Mystikers Rumi: „Jenseits von richtig und falsch gibt es einen Ort. Treffen wir uns dort“. Was bedeutet das? Manche Dinge, von denen man annimmt, dass sie richtig sind, können am Ende katastrophale Konsequenzen haben. Und Dinge, von denen man annimmt, dass sie falsch sind, können am Ende doch zu einem positiven Ergebnis führen. Alles ist relativ. Das wurde mir auf dem Ozean bewusst. Je mehr Krisen ich gemeistert habe, desto mehr Mut entwickelte ich in weiteren Krisen.

Krisen lassen uns wachsen. Nach jeder überlebten Erfahrung kommt man eine Stufe weiter. Dagegen ist es der falsche Weg, sich auf dem Ozean ständig Sorgen zu machen und Angst zu haben. Man muss lernen, sich selbst mehr zu vertrauen und einen Mut zur Krise entwickeln. Das gilt auch für das Leben.

Was waren für Sie die positivsten Erlebnisse bei der Atlantik-Überquerung?

Jakait: Intensiv beeindruckt haben mich die Konfrontation mit der Natur und mit meiner eigenen Natur, meiner eigenen Wildheit und mit der Urkraft, die uns allen innewohnt. Der Blick auf das Wunder des Lebens. Zu den schönsten, unvergesslichen Momenten zählten die Begegnungen mit Tieren, mit Walen, Delfinen und Vögeln. Ein Wal hat mich zwei Wochen lang begleitet und ist neben meinem Boot her geschwommen, eine Sturmschwalbe ist mir 88 Tage gefolgt.

Kleinigkeiten bekommen auf dem Meer viel mehr Bedeutung. Ich hatte ein viel tieferes Erleben der Natur: Die Sonnenaufgänge, die Wolken, die Wellen, das Lichtspiel auf dem Wasser. Ich lernte da draußen das Wunder des Lebens und das Glück, überhaupt leben zu dürfen, viel mehr zu schätzen. In diesen Momenten spürte ich ein überwältigendes Gefühl von unendlicher Freiheit, Frieden und kosmischer Verbundenheit.

Die intensivsten Erfahrungen hatte ich, als ich an meine Grenzen stieß. Schon am Anfang meiner Reise geriet ich in ein heftiges Unwetter. Ich hatte so viel Angst, dass ich Panikattacken bekam. Ich habe versucht, die Angst zu unterdrücken und irgendwie in den Griff zu bekommen, doch je mehr ich das versuchte, umso schlimmer wurde sie.

Schließlich habe ich aufgegeben, dagegen anzukämpfen und die Angst kommen lassen, mich ihr geöffnet. Und auf einmal geschah das Unglaubliche: die Angst war weg. Das gab mir ein starkes Urvertrauen in das Leben und in mich. Ich wusste einfach: Es soll so sein, wie es ist. Man kann nur sein Bestes geben und mehr geht nicht. Da spürte ich ein starkes Gefühl von Freiheit und eine intensive Verbundenheit mit etwas Größerem.

Wie hat die Reise Ihre Sicht auf das Leben verändert?

Jakait: Eine große Lektion des Ozeans ist, dass das Leben ein ständiges Auf und Ab ist, wie die Gezeiten, wie Ebbe und Flut. Auf dem Meer habe ich das sehr intensiv erlebt, den permanenten Wechsel von Stille und Sturm. Nach einer stürmischen schwarzen Nacht mit Gewitter und acht Meter hohen Wellen kam ich morgens aus der Schlafkabine heraus, noch vor Angst zitternd, und dann sah ich plötzlich einen klaren Himmel, Sonnenschein, eine ruhige, fast spiegelglatte See und Delfine.

Das hat mich sehr viel über das Leben gelehrt. Das Leben ist ein ständiges Auf und Ab, es besteht aus Kontrast und Widerspruch. Es braucht beides. Wir wollen im Leben dauerhaft glücklich sein, doch das ewige Glück gibt es nicht. Zum Leben gehört Positives und Negatives. Man muss sich auf beides einlassen und sich den Gefühlen öffnen. Man kann nicht nur positive Gefühle zulassen und negative Gefühle ausblenden. Entweder man fühlt alles, oder gar nichts.

Wie haben Sie auf Ihrer Reise Zugang zur Spiritualität gefunden?

Jakait: Vor meiner Reise über den Atlantik war mein Weltbild sehr rational und naturwissenschaftlich geprägt, ich bin weder religiös noch gläubig gewesen. Auf dem Ozean hat sich das geändert. Wenn man diese Zustände von Freiheit, von absoluter Stille im Kopf erlebt, dann spürt man auch, was Spiritualität bedeutet.

Deswegen bin ich nach meiner Reise eine Suchende geworden und habe mich drei Jahre lang intensiv mit Spiritualität, Selbsterkenntnis und Religion auseinandergesetzt. Ich bin durch alle Weltreligionen gewandert und für mich zu dem Ergebnis gekommen, dass es im Kern aller Religionen um das Gleiche geht. Insbesondere zum Buddhismus und Hinduismus habe ich eine tiefere Verbindung aufgenommen.

Nach Ihrer Rückkehr erwartete Sie in Heidelberg der Alltag wieder, mit alten Abhängigkeiten und Verpflichtungen. Wie gelang der Schritt in die frühere Normalität, die Rückkehr ins alte Leben?

Jakait: Die Zeit nach der Reise und die Rückkehr in das alte Leben war für mich das größere Abenteuer. Ich vergleiche das gerne mit der klassischen Heldenreise nach Joseph Campbell. Am Anfang bekommen wir unsere Aufgabe, wir hören eine Stimme, die uns ruft, doch wir sind zunächst unentschlossen und haben Angst. Dann ziehen wir endlich los und bestehen Abenteuer, kämpfen gegen Drachen und Dämonen. Schließlich besiegen wir unsere Gegner, unsere Ängste und finden den großen Schatz, die große Erkenntnis, die große Freiheit.

Man denkt zunächst, dass die Heldenreise an dieser Stelle zu Ende sein muss. Doch das Entscheidende ist, die Rückkehr ins alte Leben zu meistern. Den Spagat hinzukriegen zwischen dem alten und dem neuen Leben, zwischen dem alten und dem neuen „Ich“ des Helden. Den Schatz oder die Erkenntnis, den man in der Ferne gefunden hat, in das alte Leben zu integrieren. Das war für mich das viel größere Abenteuer.

Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man passt sich wieder an das alte Leben an, oder man verfällt dem „höher, schneller, weiter“-Modus. Das heißt, wenn man einen Ozean überquert hat, dann muss der nächste größer sein. Dann muss man immer wieder hinaus in die Ferne und sein Leben riskieren, um sich lebendig zu fühlen.

Ich habe mich gefragt: Warum muss ich denn unbedingt in die Ferne, um das Glück zu finden? Ich kam zu der Erkenntnis: Nein, ich sollte auch in Heidelberg bleiben können und mein Glück, meinen Frieden hier in meinem Umfeld finden. Im Hier und Jetzt. Wenn mir das nicht gelingt, dann bringt auch das ständige Weglaufen nichts.

Die große Reise nach innen – Das neue Buch von Janice Jakait
Wir leben, als wäre unsere Zeit auf diesem Planeten bloß eine Fingerübung, das Vorspiel, und das eigentliche, richtige Leben käme irgendwann später. Wir kreisen beständig in unseren Gedanken, trauern der Vergangenheit hinterher oder sorgen uns um die Zukunft. Angestrengt mit Selbstoptimierung beschäftigt, kommen wir überall hin, aber nirgends mehr an, können alles erreichen, aber nichts stellt uns mehr zufrieden. Wir sind überall, bloß nicht dort, wo das Leben tatsächlich stattfindet – in der Gegenwart.
Mein Bestseller Tosende Stille über meinen Rudertrip allein über den Ozean endete am Steg in Barbados. Und doch war dieses Abenteuer nur der Beginn meiner großen Reise. Das, was mir das Leben in den drei Jahren danach beigebracht hat, übertrifft alles, was ich auf den Weiten des Meeres erlebt habe.
Aufrüttelnd, leidenschaftlich und anhand ihrer eigenen Erfahrung nach ihrer lebensgefährlichen Atlantiküberquerung zeigt Janice Jakait, warum wir uns unserer Vergänglichkeit stellen müssen, um das ebenso schlichte wie magische Wunder des Augenblicks anzunehmen. Das zweite – das eigene! – Leben kann erst beginnen, wenn man zutiefst begreift, dass man nur eines hat.

Ihrer Erfahrung nach besteht die größte Herausforderung im Leben nicht darin, über den Atlantik zu rudern, sondern ein bewusstes und achtsames Leben in der Normalität zu führen. Müssen wir erst große Lebens- und Sinnkrisen durchleben, um uns selbst zu finden?

Jakait: Ich glaube, das jeder Mensch nur seinen eigenen Weg gehen kann, um sich selbst zu finden. Manche Menschen müssen über den Atlantik rudern, andere auf den Himalaya klettern, ins Zen Kloster gehen und manche müssen gar nichts Außergewöhnliches machen. Wir sollten unserem eigenen Weg nicht im Wege stehen. Das ist das große Geheimnis am Ende, dass wir gar nichts anderes tun sollen, als wir selbst zu sein.

Doch unser Kopf mag es nicht so einfach, deswegen müssen wir oft Umwege gehen. Wir müssen lernen, unsere falschen Vorstellungen loszulassen und erkennen, was wir wirklich selbst wollen.

Wir brauchen den Mut, uns dem Leben hinzugeben, statt uns herzugeben, den Weg den wir zu gehen haben, einfach anzunehmen. Wir brauchen den Mut, uns den Herausforderungen und den Ängsten genauso zu stellen, wie den schönen Dingen. Ich glaube, wir tun intuitiv automatisch immer das Richtige, wenn wir auf unser Herz und unsere Gefühle hören und den Kopf nur als Berater nutzen. Der Kopf steuert dagegen, er will alles kontrollieren. Doch wir haben gar nicht so viel Kontrolle über das Leben, wie wir meinen.

Viele Menschen stecken in einem Hamsterrad von Karriere, Freizeitstress und Konsum, alles dreht sich um ein weiter, höher und schneller. Macht uns das wirklich glücklich oder lenkt es uns nur von dem Leben ab, das wir eigentlich leben möchten?

Jakait: Das Leben vieler Menschen ist geprägt von Monotonie und Routine. Wir leben im Alltag oft, als käme das richtige Leben irgendwann später. Wir leben zu sehr in der Vergangenheit und in der Zukunft, aber zu wenig in der Gegenwart. Wir müssen lernen, wieder bewusst im Hier und jetzt zu leben, wenn wir die Magie des Augenblicks wieder spüren wollen.

Wir haben so viele Chancen und Möglichkeiten, wir können alles erreichen, aber nichts stellt uns zufrieden – die Lebenszeit läuft unaufhörlich ab. Wir verschwenden unser Leben, wenn wir annehmen, dass wir ewig Zeit hätten.

Viele Menschen stecken in einem Hamsterrad, das sich stets höher, schneller und weiter dreht: Geld verdienen, Geld ausgeben, Besitz, Zerstreuung und Unterhaltung. Sie jagen ständig neuen Zielen hinterher und finden keine dauerhafte Zufriedenheit oder einen echten Lebenssinn. Doch diese Dinge machen uns nicht wirklich glücklich, sondern lenken nur von dem Leben ab, das wir eigentlich leben möchten.

Was ist das zweite Leben, das Sie in Ihrem Buch „Freut Euch nicht zu spät“ thematisieren? Wie findet man Zugang zu seinen wirklichen Bedürfnissen und seinem wahren Selbst?

Jakait: Das erste Leben ist der beschwerliche Weg, auf dem wir anderen Menschen folgen, und uns ihren Erwartungen anpassen, auf dem wir uns von unserem wirklichen Selbst entfremden. Wir verinnerlichen oft die Ziele anderer Menschen und vergessen die eigenen, wir suchen die Erlösung in der Zukunft und in der Ferne.

Das zweite Leben ist der Weg zurück zu uns, zu unseren eigenen Bedürfnissen, der Weg zurück vom Kopf ins Herz. Wir müssen lernen, die Verantwortung für das eigene Denken und Handeln wieder selbst zu übernehmen. Mein Rat: Lebe endlich dein eigenes Leben, entscheide dich, erkenne und erfülle deine wahren Bedürfnisse. Es ist wichtig, uns verantwortungsbewusst und rücksichtsvoll selbst zu verwirklichen, um damit dem eigenen Leben und dem Leben anderer Menschen einen Sinn zu geben.

Wie kann der Aufbruch ins zweite Leben gelingen? Was sind die wichtigsten Schritte?

Jakait: Das zweite Leben beginnt, wenn man begreift, dass man nur eines hat, dass das Leben endlich ist und nur jetzt gelebt werden kann. Es bedeutet, das eigene Leben in die Hand zu nehmen, sich nicht von den Zielvorstellungen andere Menschen anstecken zu lassen. Wir müssen raus aus der Rolle, uns als Opfer der Umstände und Abhängigkeiten zu sehen und zum Schöpfer unseres eigenen Lebenssinns werden, zurück zu uns selbst und zu unserer wahren Natur zu kommen.

Dazu gehört die Ehrlichkeit zu uns selbst, uns so anzunehmen wie wir wirklich sind, mit allen Schwächen und Fehlern. Und wir müssen uns unseren Ängsten stellen. Nur wer seine vermeintlichen Schwächen und verdrängten Bedürfnisse kennt und sich ihnen stellt, kann Erfüllung finden.

Wir sollten den Mut aufbringen, uns selbst und unseren Gefühlen zu vertrauen und neue Entscheidungen zu treffen. Das kann nur gelingen, wenn wir alte, festgefahrene Denkmuster loslassen und zu neuen Überzeugungen gelangen, die uns neue Wege eröffnen.

Als Voraussetzung müssten wir bereit sein, Kontrolle und Macht loszulassen, demütiger zu sein und uns bewusst dem Leben hinzugeben. Denn für das, was wirklich wichtig ist im Leben, gibt es keine Garantien. Kontrolle steht jedoch jeder Form von Vertrauen, Leidenschaft und Hingabe im Weg. Sicherheit schafft kein Vertrauen, sie bedeutet Abhängigkeit.

Die Angst vor dem Unbekannten lässt uns oft vor Veränderungen zurückschrecken. Warum fällt uns ein Ausbrechen aus der Routine so schwer? Und warum ist das so wichtig?

Jakait: Die meisten Menschen haben Angst vor dem Unplanbaren, dem Geheimnisvollen und dem Überraschenden. Aus Angst vor dem Verlust von Sicherheiten streben wir nach Kontrolle. Wenn wir aber einmal darüber nachdenken, was unser Leben bisher besonders gemacht hat, dann waren es doch gerade die überraschenden Momente, an die wir uns am liebsten erinnern.

Die schönsten Momente kamen überraschend und wir haben sie intensiv mit unserem Herz gefühlt. Da waren wir im Herzen, nicht im Kopf. Wir versuchen oft, die schönen Erlebnisse aus der Vergangenheit zu wiederholen und sie in die Zukunft zu retten, doch das funktioniert nicht. Denn die Gefühle in diesen Situationen sind nicht wiederholbar.

Wir sich nicht öffnet, den kann wenig Neues, Ungeplantes und Überraschendes im Augenblick erreichen. Lassen wir uns doch wieder etwas mehr vom Leben überraschen, vom Urvertrauen irgendwohin tragen, ohne das Ziel zu kennen. Ein wichtiger Schlüssel dafür ist die Reise vom Kopf zurück ins Herz – eine Reise ins Gefühl, ins Urvertrauen.

Was ist Ihr persönlicher Sinn des Lebens?

Jakait: Der Sinn des Lebens ist zu leben und zu lieben. Wir sind hier um zu erleben und um zu fühlen. Und aller Sinn den mein Leben haben kann, ist nur der, den ich ihm selbst gebe. Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg, seine Berufung und die Aufgabe, sich zu entfalten. Für jeden Menschen mit seinen individuellen Eigenschaften gibt es einen Ort – wenn er dort ankommt, dann lebt er in seiner Fülle, dann kann er frei sein. Um dort hinzukommen, muss er fließen, sich dem Leben hingeben und so sein wie er eben ist.

Weitere Informationen unter: www.jakait.com

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